Augsburger Allgemeine (Land West)
Zurück in der „Offinger Metropolitan“
Film Ein besonderer Kinobesuch für Opern-Weltstar Diana Damrau: Fernsehmacher Werner Flott zeigt Bilder ihrer Auftritte
Es ist erst wenige Tage her, da stand sie unter dem Eiffelturm auf der Bühne mit den großen der Musikszene. Drei Millionen Menschen schauten im Fernsehen zu, Hunderttausende erlebten das Konzert zum französischen Nationalfeiertag live in Paris mit. Der Kontrast kann nicht größer sein, als Diana Damrau am Montagabend auf die Bühne des kleinen Offinger Kinos tritt. Genau an die Stelle, an der sie damals als Teenager neben dem Klavier ihre Eliza Doolittle gesungen hat: „Ich hab getanzt, heut Nacht ...“
Werner Flott hat ihn aufgehoben, den Beitrag aus „Talente vor der Kamera“, zusammen mit vielen anderen Aufnahmen und kurzen Interviews, die der lokale Fernsehmacher immer dann anfertigte, wenn Diana Damrau im Laufe ihrer sich steil nach oben bewegenden Karriere wieder einmal ihrer Heimat ein Konzert schenkte. Und er hat daraus einen fast zweistündigen Film gemacht, der seine Premiere im vergangenen Jahr noch ohne die Hauptdarstellerin feierte – aus Termingründen. Diese Woche hat es allerdings geklappt. Diana Damrau darf im ausverkauften Kino auch selbst sehen, wie sie sich in den vergangenen Jahren von der Musikschülerin über die Einser-Absolventin der Musikhochschule Würzburg bis hin zum weltweit gefeierten Star der Oper entwickelt hat.
Das Klavier für jenen denkwürdigen Eliza-Auftritt: Musikschulleiter Eberhardt Althammer hatte es damals eigenhändig von Günzburg in
Offingen
die „Offinger Metropolitan“(Flott) transportiert. Nur ein kleiner Ausschnitt der Förderung, welche die Musikschule Günzburg ihrem größten Talent angedeihen ließ, erinnert sich die Sängerin. „Die Musikschule, meine Eltern, sie alle haben mich gefördert, mich diesen Traum leben lassen“, erzählt sie dem Publikum.
Nicht nur Diana Damrau, auch Eliza wird im Lauf des Films erwachsen – Ausschnitte aus der Inszenierung am Würzburger Stadttheater zeigen die Studienabsolven- tin. Die Nervosität aber, die bleibt, bekennt der Opernstar. „Bei mir geht die Aufregung immer in die Hände“, sagt sie und macht dem Offinger Publikum vor, wie das damals ausgesehen haben könne in „My Fair Lady“: „Ich geb’ ihnen een Shilling, nich mehr!“haut sie dem Professor Higgings um die Ohren – mit zitternden Fingern, die erst mal wieder eingefangen werden müssen.
Es sind Szenen wie diese, für die das heimische Publikum Diana Damrau so sehr liebt: Weil die große Operndiva, umjubelt auf den Bühnen in New York, Mailand und London, einfach immer noch die liebenswerte, humorvolle junge Frau ist, wie sie auch in den Filmaufnahmen der frühen Auftritte zu sehen ist. Und die auch spüren lässt, dass ihr Job, den sie auf so extrem hohem Niveau macht, nicht nur Freude und Leichtigkeit bedeutet. „Je höher man kommt, desto gnadenloser wird die Welt. Ich kann einen schlechten Tag haben – aber die Leute wollen mich singen hören, wie sie das von meinen CDs kennen.“Und wie schafft man es dann, das abzuliefern? „Ich bin mein eigener Psychiater“, erklärt die Sängerin, und gibt zu, dass es mit Künstlern manchmal ist wie bei Springreitern: Man muss dem Pferd gut zureden, damit es tut, was es soll. Doch das gute Zureden, es lohnt. Und es basiert, auch nach so vielen Jahren noch, auf dem Funken, der sich damals in der zwölfjährigen Diana entzündet haben mag, die gebannt vor dem Fernseher saß und „La Traviata“sah. „Das ist das Schönste, was Menschen schaffen können, habe ich mir gedacht. Und ich war tränenüberströmt.“Tränen des Glücks waren das, wie sie heute beschreibt: „Man weint, aber man leidet nicht. Es ist wie eine Erlösung.“Gerade in der heutigen Zeit sei diese wunderbare Musik, das Werk der Komponisten, so wichtig. „Wir brauchen Nahrung für die Seele“, ist Diana Damrau überzeugt. Und wie wunderbar sie diese Nahrung produziert, zeigen die Beiträge von Werner Flott, bei denen es sogar – trotzdem schon vor Jahren gesungen – im Offinger Kino spontanen Beifall gibt. Ob es der Auftritt im Forum am Hofgarten mit dem Günzburger Kammerorchester (2001) ist, die feierliche Wiedereröffnung der Frauenkirche (2003) oder das Festkonzert in Allerheiligen (2005): Nicht nur Diana Damrau selbst, auch ihr treues Publikum findet sich in den Videos wieder. Auch die Günzburger Zeitung bekommt in der Film-Hommage übrigens ihre Würdigung – kaum ein Beitrag von Werner Flott, der ohne einen Blick auf die Berichterstattung der Heimatzeitung über die Sängerin auskommt: Und natürlich in besonderem Maße bei jener „Italienische Nacht“im Sommer 2007 auf dem Günzburger Schlossplatz. Sie nimmt den größten Raum in Flotts Zusammenschnitt ein – und zeigt eine Diana Damrau, die schon auf den ganz großen Opernbühnen angekommen ist. Wer damals dabei war, erinnert sich: Nicht nur die schlagende Kirchturmglocke der Hofkirche, Wind und einsetzender Regen mischten an diesem Abend kräftig mit. Nicht nur das Rascheln der mehreren hundertfach übergezogenen Regenponchos, auch Windböen und andere Störgeräusche trüben deswegen den Musikgenuss im Kino ein wenig. Gefilmt wurde damals ja nicht zum Zwecke eines Konzertfilms, sondern für die kurzen Beiträge im „Bunten Kulturschaufenster“, das Flott 18 Jahre lang in jeweils 16-minütigen Folgen präsentierte. Im Kino konnte sich der Fernsehmacher mehr Zeit lassen und genüsslich ganze Arien zeigen. Regenwaldnacht mit Michael Mendl und einer hochschwangeren Diana Damrau, Verleihung des Titels „Musikalische Botschafterin des Landkreises“– dann ist die Hommage an die Sängerin auch schon vorbei, Werner Flott hatte vor Jahren sein buntes Kulturschaufenster eingestellt. Und wann gibt es nun wieder etwas neueres von Diana Damrau im Kino? „Vermutlich ab Dezember 2018“, verrät die Sängerin. Dann nämlich wird es eine neue Inszenierung von „La Traviata“in der New Yorker Met geben – und Diana Damrau weltweit auf den Kinoleinwänden zu sehen sein.