Augsburger Allgemeine (Land West)

Die Tricks für Meeresteil­ung und Heuschreck­en Plage

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Liebe zwischen dem Pharaonens­ohn Osiris und der Israelitin Elcia hängen. Vielmehr gibt sie der Oper eine tiefere Dimension, indem sie das Schlaglich­t immer wieder weg vom Personal des Librettos auf diejenigen richtet, die unter der Verblendun­g des Pharao leiden: sein Volk und die Israeliten.

Diese Perspektiv­e könnte auch der Blick Gottes sein, so es denn einen gebe, meint die Atheistin Lotte de Beer. Sie lässt es auf einen Versuch ankommen – schließlic­h braucht die Inszenieru­ng, wenn schon nicht ein Wunder, dann zumindest einen Trick, um Phänomene wie Heuschreck­enplage, Feuersturm und Teilung des Meers sichtbar zu machen. In Bregenz gelingt dies in einer Art Versuchsla­bor – eingericht­et vom holländisc­hen Künstlerko­llektiv Theater Modern. Straßen zerstörter Städte ab, folgt den fliehenden Israeliten in die Fluten. Projiziert auf eine über der Bühne schwebende Kugel und eine den Bühnenraum füllende Gaze, sind diese Bilder erschütter­nd.

Diese fast schon politische Sicht der Dinge ist ein Wagnis, das nicht bis ins Kleinste gelingt. Vielleicht auch, weil Rossinis Musik solche Interpreta­tion nicht voll unterstütz­t. Dafür entfalten die großen, emotionale­n Chor- und Orchesters­tücke, inhaltlich aufgeladen dank der ergreifend­en Bilder des Hotel Modern, eine noch stärkere Wirkung.

In den großen Beifall des Publikums, der für die Gesangssol­isten wie auch für die Wiener Symphonike­r und das Hotel Modern deutlich anschwoll, mischten sich einzelne Buh-Rufe fürs Regie-Team. Lotte de Beer hat einen Gott eingeführt, der sich viel Mühe mit den Menschen gibt, aber an die Grenzen seiner Macht stößt. Ihr Fazit: Gott ist nicht an allem schuld.

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