Augsburger Allgemeine (Land West)
Ein ganz schönes Schweineleben
Unser Essen Unter welchen Bedingungen leben Schlachttiere? Wir waren auf einem Vorzeigehof. Dort demonstriert die Familie Foag, worauf es ankommt. Doch so wie sie wirtschaften nur noch wenige – Serie (4)
Kühlenthal
Wenn Dominikus Foag von seinen Schweinen spricht, nennt er sie schon mal scherzhaft Mitarbeiter. In dem Witz steckt mehr als ein Körnchen Wahrheit. Behandelt Foag seine Tiere gut, dann geht die Rechnung auf. Würde er dies nicht tun, wäre er wohl die längste Zeit Landwirt gewesen. Davon ist er überzeugt.
Gemeinsam mit seiner Frau Iris bringt der Landwirt zwischen 4000 und 4500 Arbeitsstunden jährlich für die Schweinezucht ein. Die beiden erwachsenen Kinder helfen, so oft sie können. Sohn Dominik geht zur Zeit auf die Landwirtschaftsschule in Triesdorf und möchte anschließend in der vierten Generation den Hof weiterführen.
Iris Foag fasst nicht nur bei der Stallarbeit tatkräftig mit an, sondern bringt als Erlebnisbäuerin auch Kindern das Leben und Arbeiten auf dem Bauernhof näher. Regelmäßig kommen Kindergartenkinder und Schulklassen auf den Hof der Foags und erhalten dort einen Einblick in die Tierhaltung. Auch für die Sommerferien ist ein Programm geplant.
Anstatt zum Spezialisten zu werden und sich nur auf einen Produktionsschritt auf dem Weg zum Schweinefleisch zu konzentrieren, wird die Schweinefleisch-Produktion bei Foags im sogenannten geschlossenen System betrieben. Das bedeutet: Es findet kein Zukauf von fremden Tieren statt. Das Leben der Schweine beginnt mit der Geburt als Ferkel, die entweder nach 230 bis 240 Tagen Lebenszeit zum Schlachter gebracht oder, als Zuchttier, weiter auf dem Betrieb gehalten werden. Nachdem eine Muttersau mit einem Ebersperma belegt worden ist, trägt sie ihre Ferkel 114 Tage aus. Das Sperma wird von einer Besamungsstation gekauft und geliefert.
Auf dem Hof der Foags gibt es mehrere genetische Linien, die alle separat geführt werden, und von denen jede für sich ihre Eigenschaften hat. Für die Mutterlinie kommt es darauf an, Tiere auszuwählen, die fruchtbar sind, viel Milch haben und viele Ferkel produzieren können. Während die Muttersau Ferkel zu versorgen hat (etwa 35 Tage lang), produziert sie täglich 20 Liter Milch. Um das zu schaffen, trinkt sie etwa 40 Liter Wasser und frisst bis 16 Kilogramm Futter täglich. Etwa zwölf bis 15 Ferkel umfasst durchschnittlich ein Wurf und bis zu zwölf Würfe sind für eine Muttersau in ihrem Leben möglich.
Die Vaterlinie (zum Beispiel der Pietrain Eber) ist Fluch und Segen gleichermaßen, denn diese Linie hat meist kleinere Würfe, produziert dafür aber das fettarme Fleisch, das heute am Markt verlangt wird. Für Fett wird der Züchter sogar abgestraft. 120 Kilogramm sind für ein Schlachtschwein die oberste Grenze, erklärt Foag. Für die Schlachtung ist die sogenannte „Gebrauchskreuzung“die beste Wahl. Über die Züchtung lässt sich dann noch beeinflussen, ob das Tier stressstabil ist. Bei stressempfindlichen Tieren ist das Fleisch weißer und schwammiger. Die Schweine werden zum Schlachten nach Ulm oder Ingolstadt gebracht und anschließend an regionalen Ladentheken verkauft.
Auch oder gerade weil es sich um einen Saustall handelt, ist die Hygiene sehr wichtig. Vor jedem Neubezug eines Stalles wird dieser gewaschen und desinfiziert. Die Bäuerin erzählt: „Bevor die Muttersauen in den Abferkelstand kommen, werden sie mit einem warmen Wasserstrahl geduscht“. Dieses „Wellness-Ritual“genießen die Tiere. Die Sauen liegen entspannt auf Stroh in Gruppenhaltung, kommen aber zum Abferkeln separat in Einzelbuchten. Im Alter von vier Wochen wechseln die Ferkel den Stall - von Stroh zu Spalten und von Trockenfutter zu Flüssigfutter. Die Fußbodenheizung sorgt für eine kontinuierliche Wärme, klingende Kettchen dienen ihnen als Spielzeug. Der Landwirt weiß um die wichtigsten Faktoren für die Tiere und diese sind Wasser, Luft, Futter und Platz. Letzteres wird vor allem dann wichtig, wenn der Futterneid ausbricht oder die Hormone einschießen, verrät der Landwirt. Damit die Tiere mit 70 bis 80 Kilo „Kampfgewicht“nicht aneinander geraten, muss Foag schwächere Tiere isolieren, um so für mehr Ruhe und auch Platz am Futtertrog zu sorgen. Die Foags gehören mit der Ferkelzucht im Übrigen zu ei15 ner Minderheit. Die meisten Bauern hätten diese aufgegeben erklärt der Landwirt und ergänzt: „Wegen Reichtums haben diese Kollegen sicherlich nicht geschlossen.“Pünktlich um 17 Uhr marschiert das Ehepaar in den Stall zur Abendfütterung. Obgleich sie ihre Arbeit nach einem eingespielten Muster verrichten, bleibt doch Zeit, um den neugierigen Muttersauen Aufmerksamkeit zu schenken und ihnen freundschaftlich über die borstige Haut zu schrubbeln. Die Tiere mögen‘s.
Gefüttert werden sie mit einer eigenen Hofmischung die aus gemahlenem Weizen, Gerste, Mais, Zuckerrübenschnitzel und Gras-Cops besteht. Die Ferkelmischung ist mit Süßmolkenpulver versetzt. Die Zuchtsauen bekommen mehr GrasCops. Ein roter Hoflader erleichtert die Arbeit des Bauern beim Entmisten der Strohhaltung. Und sobald seine „Mitarbeiter“fertig mit der Mahlzeit sind, lauern sie ihrem „Chef“auch schon auf - und fordern ihn zum Spiel heraus.