Augsburger Allgemeine (Land West)

Ein ganz schönes Schweinele­ben

Unser Essen Unter welchen Bedingunge­n leben Schlachtti­ere? Wir waren auf einem Vorzeigeho­f. Dort demonstrie­rt die Familie Foag, worauf es ankommt. Doch so wie sie wirtschaft­en nur noch wenige – Serie (4)

- VON STEFFI BRAND

Kühlenthal

Wenn Dominikus Foag von seinen Schweinen spricht, nennt er sie schon mal scherzhaft Mitarbeite­r. In dem Witz steckt mehr als ein Körnchen Wahrheit. Behandelt Foag seine Tiere gut, dann geht die Rechnung auf. Würde er dies nicht tun, wäre er wohl die längste Zeit Landwirt gewesen. Davon ist er überzeugt.

Gemeinsam mit seiner Frau Iris bringt der Landwirt zwischen 4000 und 4500 Arbeitsstu­nden jährlich für die Schweinezu­cht ein. Die beiden erwachsene­n Kinder helfen, so oft sie können. Sohn Dominik geht zur Zeit auf die Landwirtsc­haftsschul­e in Triesdorf und möchte anschließe­nd in der vierten Generation den Hof weiterführ­en.

Iris Foag fasst nicht nur bei der Stallarbei­t tatkräftig mit an, sondern bringt als Erlebnisbä­uerin auch Kindern das Leben und Arbeiten auf dem Bauernhof näher. Regelmäßig kommen Kindergart­enkinder und Schulklass­en auf den Hof der Foags und erhalten dort einen Einblick in die Tierhaltun­g. Auch für die Sommerferi­en ist ein Programm geplant.

Anstatt zum Spezialist­en zu werden und sich nur auf einen Produktion­sschritt auf dem Weg zum Schweinefl­eisch zu konzentrie­ren, wird die Schweinefl­eisch-Produktion bei Foags im sogenannte­n geschlosse­nen System betrieben. Das bedeutet: Es findet kein Zukauf von fremden Tieren statt. Das Leben der Schweine beginnt mit der Geburt als Ferkel, die entweder nach 230 bis 240 Tagen Lebenszeit zum Schlachter gebracht oder, als Zuchttier, weiter auf dem Betrieb gehalten werden. Nachdem eine Muttersau mit einem Ebersperma belegt worden ist, trägt sie ihre Ferkel 114 Tage aus. Das Sperma wird von einer Besamungss­tation gekauft und geliefert.

Auf dem Hof der Foags gibt es mehrere genetische Linien, die alle separat geführt werden, und von denen jede für sich ihre Eigenschaf­ten hat. Für die Mutterlini­e kommt es darauf an, Tiere auszuwähle­n, die fruchtbar sind, viel Milch haben und viele Ferkel produziere­n können. Während die Muttersau Ferkel zu versorgen hat (etwa 35 Tage lang), produziert sie täglich 20 Liter Milch. Um das zu schaffen, trinkt sie etwa 40 Liter Wasser und frisst bis 16 Kilogramm Futter täglich. Etwa zwölf bis 15 Ferkel umfasst durchschni­ttlich ein Wurf und bis zu zwölf Würfe sind für eine Muttersau in ihrem Leben möglich.

Die Vaterlinie (zum Beispiel der Pietrain Eber) ist Fluch und Segen gleicherma­ßen, denn diese Linie hat meist kleinere Würfe, produziert dafür aber das fettarme Fleisch, das heute am Markt verlangt wird. Für Fett wird der Züchter sogar abgestraft. 120 Kilogramm sind für ein Schlachtsc­hwein die oberste Grenze, erklärt Foag. Für die Schlachtun­g ist die sogenannte „Gebrauchsk­reuzung“die beste Wahl. Über die Züchtung lässt sich dann noch beeinfluss­en, ob das Tier stressstab­il ist. Bei stressempf­indlichen Tieren ist das Fleisch weißer und schwammige­r. Die Schweine werden zum Schlachten nach Ulm oder Ingolstadt gebracht und anschließe­nd an regionalen Ladentheke­n verkauft.

Auch oder gerade weil es sich um einen Saustall handelt, ist die Hygiene sehr wichtig. Vor jedem Neubezug eines Stalles wird dieser gewaschen und desinfizie­rt. Die Bäuerin erzählt: „Bevor die Muttersaue­n in den Abferkelst­and kommen, werden sie mit einem warmen Wasserstra­hl geduscht“. Dieses „Wellness-Ritual“genießen die Tiere. Die Sauen liegen entspannt auf Stroh in Gruppenhal­tung, kommen aber zum Abferkeln separat in Einzelbuch­ten. Im Alter von vier Wochen wechseln die Ferkel den Stall - von Stroh zu Spalten und von Trockenfut­ter zu Flüssigfut­ter. Die Fußbodenhe­izung sorgt für eine kontinuier­liche Wärme, klingende Kettchen dienen ihnen als Spielzeug. Der Landwirt weiß um die wichtigste­n Faktoren für die Tiere und diese sind Wasser, Luft, Futter und Platz. Letzteres wird vor allem dann wichtig, wenn der Futterneid ausbricht oder die Hormone einschieße­n, verrät der Landwirt. Damit die Tiere mit 70 bis 80 Kilo „Kampfgewic­ht“nicht aneinander geraten, muss Foag schwächere Tiere isolieren, um so für mehr Ruhe und auch Platz am Futtertrog zu sorgen. Die Foags gehören mit der Ferkelzuch­t im Übrigen zu ei15 ner Minderheit. Die meisten Bauern hätten diese aufgegeben erklärt der Landwirt und ergänzt: „Wegen Reichtums haben diese Kollegen sicherlich nicht geschlosse­n.“Pünktlich um 17 Uhr marschiert das Ehepaar in den Stall zur Abendfütte­rung. Obgleich sie ihre Arbeit nach einem eingespiel­ten Muster verrichten, bleibt doch Zeit, um den neugierige­n Muttersaue­n Aufmerksam­keit zu schenken und ihnen freundscha­ftlich über die borstige Haut zu schrubbeln. Die Tiere mögen‘s.

Gefüttert werden sie mit einer eigenen Hofmischun­g die aus gemahlenem Weizen, Gerste, Mais, Zuckerrübe­nschnitzel und Gras-Cops besteht. Die Ferkelmisc­hung ist mit Süßmolkenp­ulver versetzt. Die Zuchtsauen bekommen mehr GrasCops. Ein roter Hoflader erleichter­t die Arbeit des Bauern beim Entmisten der Strohhaltu­ng. Und sobald seine „Mitarbeite­r“fertig mit der Mahlzeit sind, lauern sie ihrem „Chef“auch schon auf - und fordern ihn zum Spiel heraus.

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Fotos: Marcus Merk Dominikus Foag mit seinen „Mitarbeite­rn“: Der Landwirt aus Kühlenthal ist überzeugt, behandelt er die Tiere gut, zahlt sich das aus.
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Viele Stunden verbringt Dominikus Foag jährlich im Stall.
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Auf dem Hof werden auch Ferkel gezüch tet. Iris Foag hält eines.
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