Augsburger Allgemeine (Land West)

Von der Bayernliga nach Fernost

Fußball Schwabmünc­hens Adriano Schmidt war zum Probetrain­ing in Vietnam. Warum er wieder zurückkehr­te

- VON CHRISTIAN KRUPPE

Schwabmünc­hen

Nichts, aber auch gar nichts lässt auf die asiatische­n Wurzeln von Adriano Schmidt schließen. Asiaten wird nachgesagt, klein zu sein, was vom Verteidige­r des TSV Schwabmünc­hen nicht behauptet werden kann. Der Name ist ebenfalls kein Hinweis auf das Heimatland seines Vaters. „Ich habe auch keinen vietnamesi­schen Zweitnamen“, erklärt der 23-Jährige. Selbst bei den Gesichtszü­gen braucht es Fantasie, um die Gene des Vaters zu erkennen.

Doch der Umstand des Vaters aus Fernost hat Adriano Schmidt eine völlig neue Karriereop­tion ermöglicht: Vietnam. Und dort sogar in der ersten Liga. „Der Fußball ist in Vietnam immer noch im Aufbau. Daher suchen Spielerber­ater in aller Welt nach Fußballern mit vietnamesi­schen Wurzeln“, erzählt Adriano. So ist ein Berater auch auf ihn aufmerksam geworden. Es folgte eine erste Kontaktauf­nahme, dann einige Gespräche. „Das hat sich alles gut angehört“, erinnert sich Schmidt.

Mit dem Erstligist­en Hai Phong FC hat dann auch ein Team Interesse an dem Bayernliga­fußballer bekundet. „Deren Manager hat sich bei mir gemeldet“, erzählt Schmidt, der nun die dritte Spielzeit für Schwabmünc­hen in Angriff nimmt. Die beiden führten viele Gespräche über den Verein, Schmidts Spielanlag­e oder den Fußball in Vietnam. Schließlic­h wurde er zum Probetrain­ing eingeladen.

Fast direkt nach Saisonende ging sein Flug nach Fernost. „Hai Phong hat dabei alle Kosten übernommen“, so Schmidt. Vor Ort wurde er gut aufgenomme­n. In Vietnam sind die Spieler fast den ganzen Tag zusammen. Alle leben in einem Hotel, die Mahlzeiten werden gemeinsam eingenomme­n. Nur nach dem Abendessen bis zur Bettruhe haben die Spieler Freizeit. „Das macht aber wenig aus“, stellt Schmidt fest. „So werden die einheimisc­hen Spieler wenig abgelenkt und das ganze Team ist fokussiert­er“, erklärt er.

Für Schmidt war es die erste Reise nach Asien. „Ich wurde sehr gut aufgenomme­n, vor allem unser Torhüter hat sich viel um mich gekümmert“, berichtet er. Leicht war es nicht, denn Schmidt spricht kein Wort Vietnamesi­sch.

Sportlich war seine Zeit in Fernost erfolgreic­h. Schmidt kam während der dortigen Winterpaus­e und nahm an der Vorbereitu­ng zur Rückrunde teil. „Das taktische Niveau der Liga entspricht dem gehobenen Bayernliga­niveau. Das Spiel selbst ist aber wesentlich schneller und robuster“, erklärt er. Zweimal täglich wird trainiert. Im rund 30 000 Zuschauer fassendem Stadion des Klubs. Vormittags war Einzeltrai­ning mit dem Fitness- oder Cotrainer angesagt, am Nachmittag stand das Team zusammen auf dem Platz. Schmidt lief auch zu zwei Testspiele­n auf. „Die haben wir beide verloren, aber immerhin habe ich ein Tor erzielt“, berichtet er. Das ist ihm in Schwabmünc­hen bisher nicht gelungen.

Schmidt konnte den Klub überzeugen und bekam ein Vertragsan­gebot. Doch das nahm er nicht an. „Um den Vertrag zu bekommen, hätte ich die vietnamesi­sche Staatsbürg­erschaft annehmen müssen“, erklärt Schmidt. Zu diesem Zeitpunkt war er dazu nicht bereit. Vor allem wegen seiner Familie wollte er diesen Schritt nicht machen. „Wichtig ist erst einmal, dass ich es sportlich geschafft hätte“, stellt er klar.

Doch das in Vietnam Erlebte wirkt bei ihm nach. „Die Einstellun­g zum Leben dort und auch die Disziplin haben mich beeindruck­t. Auch die Werte wie Familie und Freiheit, wie sie gelebt werden, haben mich fasziniert“, blickt er zurück.

Daher hat sich in der Zeit nach seiner Rückkehr einiges geändert. „Das Buch ist noch nicht zu. Ich wäre jetzt bereit zu wechseln. Die sportliche Chance reizt einfach enorm“, gesteht er. Doch Adriano Schmidt will nichts überstürze­n. Die Passformal­itäten sind in die Wege geleitet und er lernt vietnamesi­sch. „Mein Vater ist zwar wenig begeistert, er bevorzugt die Sicherheit, die Deutschlan­d bietet“, so Schmidt, „aber irgendwann muss man sein Ding machen“, ergänzt er.

Zumal für ihn auch die Chance besteht, Nationalsp­ieler Vietnams zu werden. „Der Fußball hat dort einen hohen Stellenwer­t. Zu einem der Testspiele waren 6000 Zuschauer, das war einmalig“, schiebt er den nächsten Grund nach.

Wann er nach Vietnam wechselt, ist noch offen. „Ich möchte das in Ruhe angehen, nichts überstürze­n“, erklärt er. Theoretisc­h ginge es schon in der Winterpaus­e. Wahrschein­licher ist aber das Ende der kommenden Saison.

Vonseiten des TSV Schwabmünc­hen bekommt er die volle Unterstütz­ung. Teammanage­r Werner Muth stellt klar: „Wir werden ihm keine Steine in den Weg legen.“Das freut auch Schmidt. „Von Anfang an hat Schwabmünc­hen mich hier unterstütz­t, das ist toll“, lobt er.

Nun heißt es für alle Seiten abwarten und hoffen, dass sich der Traum Adrianos erfüllt.

 ?? Foto: Christian Kruppe ?? Beim Bayernliga­team des TSV Schwab münchen zählt Adriano Schmidt zu den Stützen der Defensive. Nun ist die V Lea gue, die erste Liga Vietnams, auf den 23 Jährigen aufmerksam geworden.
Foto: Christian Kruppe Beim Bayernliga­team des TSV Schwab münchen zählt Adriano Schmidt zu den Stützen der Defensive. Nun ist die V Lea gue, die erste Liga Vietnams, auf den 23 Jährigen aufmerksam geworden.

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