Augsburger Allgemeine (Land West)

Als der Terror nach Ansbach kam

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Ein lauer Sommeraben­d in Ansbach. Es ist viel los im Herzen der beschaulic­hen Beamtensta­dt in Franken, das Festival „Ansbach Open“hat viele Besucher angelockt. Der Konzertrei­gen neigt sich dem Ende zu, als es vor dem Hauptausga­ng einen großen Knall gibt. Norbert Imschloß ist sofort klar, was da vor seinem Weinlokal passiert ist: „Ich war als Waffenmech­aniker bei der Bundeswehr. Ich habe sofort gewusst, das ist eine Bombe – kein Böller“, sagt der Wirt.

15 Menschen werden durch die Explosion vor einem Jahr verletzt, davon vier schwer, der Attentäter kommt um. Später wird vom ersten islamistis­chen Selbstmord­anschlag auf deutschem Boden die Rede sein. Es war der schockiere­nde Schlusspun­kt einer Wahnsinnsw­oche in Bayern. Nur wenige Tage lag der Amoklauf mit neun Toten in München zurück. Und in einem Regionalzu­g nach Würzburg war ein afghanisch­er Flüchtling wenige Tage zuvor mit einer Axt auf Reisende losgegange­n. Im Rückblick macht die schiere Schlagzahl der Gewaltakte noch immer sprachlos.

Der Sprengstof­fanschlag von Ansbach jährt sich am 24. Juli, und noch immer sind viele Fragen offen. Unklar ist, mit wem der offenbar psychisch labile Attentäter vor seiner Tat im Chat-Kontakt gestanden haben soll. Und war die Zündung der Bombe tatsächlic­h für jenen Moment beabsichti­gt oder erst später? Wie eng verbandelt war der 27-jährige Syrer wirklich mit der Terrormili­z Islamische­r Staat, die seine Tat für sich reklamiert­e und ihn als einen ihrer „Soldaten“bezeichnet­e? Und was hatte er mit dem zum Bombenbau geeigneten Material vor, das später in seiner Asylunterk­unft gefunden wurde? Die Polizei äußert sich nicht zum Stand der Ermittlung­en.

Norbert Imschloß fiel der junge Syrer auf, der am Abend der späteren Tat in „Eugens Weinstube“kam, gleich wieder aufstand, hinausging und sich an einen der Tische im Außenberei­ch setzte. Er habe ihn draußen noch gefragt, was er trinken wolle, doch habe sich der Mann nur zu seinem Rucksack hinunterge­beugt. Imschloß ging ins Lokal zurück – und die Bombe hoch. Dem 60-Jährigen ist deutlich anzusehen, wie sehr ihm die Erinnerung­en zusetzen.

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