Augsburger Allgemeine (Land West)
Alte Hülle mit neuem Leben
Leichtathletik Bei den bayerischen Meisterschaften zeigt das Rosenaustadion seinen ganzen Charme. Der Beton bröckelt, doch die Tartanbahn zählt zu den besten in ganz Bayern
Ein Hauch der großen Vergangenheit weht immer noch durch das Augsburger Rosenaustadion. Dort, wo jetzt, nach über fünf Jahrzehnten, wieder eine große Leichtathletik-Veranstaltung stattfindet. Auch wenn es mehr die Überreste sind, die an einstige Glanzzeiten erinnern.
Ein Großteil der grauen Steintribünen ist für Zuschauer gesperrt, weil der Beton bröckelt, in den Katakomben versprühen die Sanitäranlagen den morbiden Charme der 60er Jahre und die braunen Sitzschalen auf der Haupttribüne sind sperrig und unbequem.
Doch das alles tut der Begeisterung der Augsburger Leichtathletik-Freunde keinen Abbruch. Schließlich gehören zumindest die sportlichen Gegebenheiten in der ehrwürdigen Rosenau nach aufwendigen Sanierungsarbeiten wieder zum Besten, was Bayern zu bieten hat. Besonders die achtspurige Laufbahn, die bayernweit nur in Nürnberg ihresgleichen findet. Und genau deshalb wurden die langjährigen Mühen der Leichtathletik-Gemeinschaft (LG) Augsburg mit dem Zuschlag für die bayerischen Titel- kämpfe bei den Männern, Frauen sowie den Altersklassen U18 und U20 belohnt.
Natürlich sind an den beiden Wettkampf-Tagen keine 40 000 Zuschauer im weiten Rund, wie noch beim legendären Länderkampf zwischen Deutschland und der UdSSR im Jahr 1958. Doch diejenigen Besucher, die gemeinsam mit den Sportlern sowie deren Freunden und Familien die Haupttribüne bevölkern, sind bester Stimmung.
Besonders bei den Endläufen und Entscheidungen, an denen Starter aus der Region und der Stadt teilnehmen, steigt das Lautstärke-Barometer. Wie etwa, als Sonja Keil die erste Goldmedaille für die LG Augsburg gewinnt, als Sprinter Aleksandar Askovic über 100 Meter und 200 Meter Silber holt oder Kugelstoßer Dennis Edelmann die Bronzemedaille umgehängt wird (siehe auch überregionaler Sport).
Unter die Zuschauer hat sich da einer gemischt, der früher auf dem Rasen aktiv war, auf dem jetzt die Speere und Diskusscheiben einschlagen: Michael Wenczel, ehemaliger Fußball-Profi beim FC Augsburg. „Für mich ist es emotional immer noch etwas Besonderes, ins Rosenaustadion zu kommen“, gesteht er und erinnert sich lächelnd, „das letzte Mal, als ich hier war, waren 27000Zuschauer im Stadion.“Es war das legendäre Spiel gegen Jahn Regensburg im Juni 2005, das der FCA damals mit 1:2 verlor und dadurch den Aufstieg in die 2. Bundesliga verpasste.
Doch nicht der Fußball, sondern die Leichtathletik hat den Ex-Profi zurück an seine alte Wirkungsstätte gebracht. Als Marketing- und Serviceleiter beim Sportartikel-Ausrüster Erima ist er beruflich vor Ort. Sein Unternehmen unterstützt die Leichtathleten bei dieser Großveranstaltung und stattet die Helfer mit Shirts aus.
„Es ist schön, dass versucht wird, in dieses traditionsreiche Stadion Leben reinzubringen“, sagt Wenczel, der in Inchenhofen (Landkreis Aichach-Friedberg) lebt und dem Fußball großenteils nur noch als Zuschauer verbunden ist.
Das Fußballfeld in der Rosenau ist auch der Grund, warum der Hammerwurf als einzige Disziplin der Meisterschaften in die Wurfanlage des ESV Augsburg nach Kriegshaber verlegt ist – zur Schonung des Rasens. „Für die Hammerwerfer ist es sehr schade, dass sie von der Atmosphäre hier nichts mitbekommen“, räumen Organisationsleiter Christian Pfänder und Trainer Philipp Xenos von der LG Augsburg ein, „aber die Hammer knallen schon gewaltig rein und machen den Rasen kaputt.“So bleibt das Fußballfeld an den Wettkampftagen den Speer- und Diskuswerfern vorbehalten.
LG-Fördervereinsvorsitzender Roland Wegner ist derweil mehr als zufrieden, wie gut die 854 Teilnehmer, die 200 Helfer und mehrere Tausend Zuschauer das renommierte alte Stadion belebt haben. Das Wetter ist an beiden Tagen optimal und die sechs Medaillen für die LG Augsburg bei der Premiere als Gastgeber eine respektable Ausbeute.