Augsburger Allgemeine (Land West)
Bummel durchs Museum mitten im Annahof
Ernö Dohnányi. Auch hier nimmt man zarte Tongeflechte, spinnwebenfeine Klangnischen wahr, worin die Solo-Harfe eingebaut ist. Philharmoniker-Harfenistin Christine Steinbrecher entlockte diesem eigenwilligen Werk variable Farben und Gesten. Folkloristisch angehaucht waren Notturno und Tartantella von Karol Szymanowski. Der Pole entfacht knackig ausbrechende Tanzmomente wie auch stimmungsvolle Klangräume. Temperament pur entfesselten die unter Héja überlegen aufspielenden Philharmoniker mit Mazurka und Krakowiak aus Michail Glinkas „Ein Leben für den Zaren“– ein Fest der Rhythmen und Synkopen.
Die zweite Hälfte des Abends war allein für ein berühmtes Kultwerk reserviert, Modest Mussorgskis „Bilder einer Ausstellung“, in der von Maurice Ravel fantastisch instrumentierten Fassung. Sie entwickelte sich Open Air zu einem weiträumigen Museums-Bummel. Die meist mit Blech intonierte Promenade führte in die unterschiedlichsten Zauber- , Sagen- und Märchenplätze – vom düster lauernden „Gnom“, dem schwerfälligen Ochsenkarren des „Bydlo“, dem keifenden Paar „Goldenberg/Schmuyle“, über die „Geheimnisse des „Alten Schlosses“, die rasanten und skurrilen Wirbel des „Balletts der Kücklein in ihren Eierschalen“und des turbulenten „Marktplatzes von Limoges“bis zur „Hütte der Baba Jaga“, bevor sich mit gigantischer Glockenwucht zum Schluss das „Große Tor von Kiew“auftut.
Domonkos Héja und sein Orchester bekamen für dieses musikalische Cinemascope-Event mächtigen Beifall, sodass sich als Zugabe noch einmal das „Tor von Kiew“öffnete.