Augsburger Allgemeine (Land West)
Warum Augsburg den Marktsonntag braucht
Interview Marcus Vorwohlt vom Modehaus Rübsamen kennt den Einzelhandel der Stadt gut. Er erklärt, warum das Argument der Sonntagsarbeit bei ihm nicht zieht und was die Stadt tun muss, um den Handel zu stärken
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat im Mai entschieden, dass es die bisherigen Marktsonntage in Augsburg in dieser Form nicht mehr geben wird. Es gibt Befürworter dieser Entscheidung und Gegner. Zu welcher Gruppe gehören Sie? Marcus Vorwohlt: Ich bin klar für einen Marktsonntag.
Und was ist mit den Mitarbeitern, die an den Sonntagen arbeiten müssen?
Vorwohlt: Bei Gericht geklagt haben ja Gewerkschaften. Ich muss aber ehrlich sagen, dass ich das nicht nachvollziehen kann. Wir sprechen von zwei Sonntagen im ganzen Jahr. Ich hatte noch nie Probleme, Mitarbeiter zu finden, die an diesen Tagen arbeiten. Zumal es ja auch einen entsprechenden Ausgleich gibt. Auch andere Kollegen bestätigen mir das. Bei der Mitarbeiterzahl in unserem Haus trifft es manche Kollegen nur alle zwei Jahre. Bei kleineren oder inhabergeführten Geschäften kann ich das Argument zumindest ein wenig verstehen. Ein weiteres Argument gegen den Marktsonntag liefern die Einzelhändler. Der Aufwand sei groß, die Umsätze schlecht?
Vorwohlt: Ich kann dieses Argument durchaus nachvollziehen und auch bestätigen. Der Marktsonntag in Augsburg funktioniert in dieser Weise aus betriebswirtschaftlicher Sicht nur bedingt. Rübsamen hat Filialen unter anderem in Dachau, Schrobenhausen und Aichach. Da ist die wirtschaftliche Lage an solchen Tagen eine völlig andere. Das liegt aber daran, dass dort die Märkte eine gewachsene Tradition sind. Budenstraßen in Verbindung mit geöffneten Geschäften. Für Augsburg muss ich aber sagen, dass man dem Marktsonntag eine andere Intention zusprechen muss. Es darf nicht um die betriebswirtschaftliche Seite gehen, sondern wir müssen an diesen Tagen zeigen, was Augsburg zu bieten hat, und uns als attraktive Einkaufsstadt und Oberzentrum definieren. Familien müssen die Chance bekommen, einmal zusammen die Stadt zu erkunden. Deshalb bin ich für den Marktsonntag.
Nur wird es diesen nicht mehr geben.
Vorwohlt: Das ist so nicht ganz richtig. Das Gericht hat ihn nicht verboten, sondern lediglich gesagt, dass er in der bisherigen Form nicht mehr stattfinden kann. Der Marktsonntag darf aber durchaus genehmigt werden, wenn er ein für diesen Tag prägendes Fest in der Stadt flankiert. Beim Turamichele sehe ich deshalb großes Potenzial, mit einem veränderten Konzept wieder einen Marktsonntag zu etablieren. Es wäre doch sehr bedauerlich, wenn wir diese Marke, die wir hier über Jahre geschaffen haben, ungenutzt liegen lassen würden.
Befürworter des Marktsonntags argumentieren gerne, dass solche erweiterten Öffnungszeiten ein Mittel im Kampf gegen den Onlinehandel seien. Kleinere Händler haben das in einer aktuellen Umfrage jedoch verneint. Wie denken Sie?
Vorwohlt: Obwohl ich für den Marktsonntag bin, halte ich dieses Argument für zu kurz gegriffen. Wie sollen wir denn an zwei Sonntagen dem Onlinehandel Einhalt gebieten? Die Frage ist auch, ob wir das überhaupt wollen. Er gehört zu unserem Einkaufsverhalten dazu. Statt gegen den Onlinehandel zu wettern, müssen wir versuchen, mit unseren Geschäften etwas dagegenzusetzen. Vor Ort können wir den Kunden beraten, Service bieten und – das wird immer wichtiger – der Kunde kann im Laden die Ware anfassen. Das schätzen unsere Kunden sehr. Und das Thema Bequemlichkeit beim Einkaufen müssen wir stärker beachten.
Was meinen Sie damit konkret?
Vorwohlt: Leute, die über das Tablet einkaufen, tun dies unter anderem aus einer gewissen Bequemlichkeit heraus. Um diese Kunden in den Laden vor Ort zu bekommen, müssen Sie dieser Bequemlichkeit Rechnung tragen. Stichwort Parkplätze. Diese Kunden wollen möglichst nah an ihren Einkaufsort herankommen. Wenn aber Parkplätze oder ein Parkleitsystem fehlen, dann wird das schwierig. Deshalb fordern wir von der Stadt die schnelle Umsetzung des versprochenen Parkleitsystems.
Welche Forderungen haben Sie noch an die Stadt?
Vorwohlt: Zunächst einmal möchte ich sagen, dass die Stadt mit der Erstellung des Einzelhandelskonzepts intensiv und konstruktiv versucht, die Stadt vorwärts zu bringen. Das ist an einigen Stellen auch schon gelungen. Wichtig ist es jetzt, dass man sich nicht auf den Erfolgen ausruht, sondern dranbleibt. Die Welt dreht sich weiter. Andrea Wenzel
Marcus Vorwohlt leitet das Modehaus Rübsamen und ist bei der IHK Regio nalversammlung für den Einzelhandel zuständig.