Augsburger Allgemeine (Land West)

Hitlergruß und ein Tritt ins Gesicht eines Polizisten

Polizeibea­mte werden wegen einer Ruhestörun­g alarmiert. Nach deren Eintreffen eskaliert die Situation

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Mit hängenden Schultern und nach vorn gesenktem Kopf sitzt der 35-Jährige auf der Anklageban­k. Nur ungern erinnert sich der Mann an jenen verhängnis­vollen Abend im Herbst zurück. „Peinlich“und „unangenehm“sei dem Angeklagte­n aus dem Kreis AichachFri­edberg der Vorfall. Sein Verteidige­r Klaus Rödl sprach gar von einem „verachtens­werten Vorfall“. Für einen Polizeibea­mten endete der Einsatz im Raum Schwabmünc­hen schmerzhaf­t: Gehirnersc­hütterung, Schädel- und Nasenbeinp­rellung sowie tagelange Kopfschmer­zen.

Der 35-Jährige war bei einem 32-jährigen Bekannten zu Gast, der Geburtstag feierte. Die Stimmung war gut, es floss reichlich Alkohol – Wodka, Whiskey und noch viele andere Schnäpse. Beide Männer, die nun als Angeklagte am Augsburger Amtsgerich­t sind, hatten knapp zwei Promille. Es wurde laut gefeiert, zu laut. Gegen 23 Uhr wurde sich bei der Polizei in Schwabmünc­hen über den Lärm beschwert.

Als die Polizisten eintrafen, beleidigte zuerst der 35-Jährige, dann der 32-Jährige die Beamten mehrfach. Doch vor allem der 35-Jährige geriet da erst richtig in Fahrt. Er zeigte den Polizisten den Hitlergruß und sagte „Sieg Heil“– obwohl er in diese Richtung nichts zu tun habe, wie er Gericht beteuerte. Als ihn die Polizeibea­mten festnehmen wollten, wehrte er sich massiv. Im Dienstwage­n trat er mit dem Fuß nach den Beamten und verletzte einen im Gesicht. Dieser forderte deshalb ein Schmerzens­geld in Höhe von 1500 Euro. Noch während der Verhandlun­g schlossen die beiden einen Vergleich, der 35-Jährige muss den Betrag nun bis Ende des Monats überweisen. Der Angeklagte sprach davon, dass der Tritt gegen den Polizisten „vermutlich ein Reflex“war, da er Angst um seinen Fuß hatte. Dieser sei seit einem schweren Arbeitsunf­all vor einigen Jahren massiv beschädigt. Seitdem versuche er sein Leben in geregelte Bahnen zu lenken, denn: Er hatte bis zu dem Unfall neun Einträge im Bundeszent­ralregiste­r. In den vergangene­n fünf Jahren sei er aber nicht mehr negativ aufgefalle­n.

Verteidige­r Rödl bezeichnet­e die Tat als alkoholbed­ingten Ausreißer und eine Riesenport­ion Dummheit. Er beantragte eine Freiheitss­trafe von maximal einem Jahr, die zur Bewährung ausgesetzt werden solle. Staatsanwa­lt Martin Neumann hingegen forderte unter anderem wegen der gefährlich­en Körperverl­etzung und des hohen Maßes an Aggressivi­tät eine 18-monatige Gefängniss­trafe. Seiner Meinung nach sei das ein massiver Rückfall in vergangene Zeivor ten gewesen. Richter Ralf Hirmer verurteilt­e den 35-Jährigen zu einer 15-monatigen Freiheitss­trafe, die zur Bewährung ausgesetzt wird. Zudem muss er eine Geldauflag­e von 3000 Euro zahlen.

Mit einer deutlich milderen Strafe kam dagegen der nicht vorbestraf­te 32-jährige Angeklagte davon. Unter anderem wegen der mehrfachen Beleidigun­gen muss er eine Geldstrafe von insgesamt 1400 Euro (70 Tagessätze zu je 20 Euro) zahlen. Mit diesem Urteil schloss sich Hirmer dem Antrag von Verteidige­r Sascha Schnarr an. Staatsanwa­lt Neumann hatte hingegen eine doppelt so hohe Geldstrafe angeregt.

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