Augsburger Allgemeine (Land West)
Digital informieren, lokal einkaufen
Handel Günzburg ist Schwabens erste Stadt mit einem eigenen Online-Marktplatz
Als erste Stadt in Schwaben ist Günzburg jetzt Besitzerin eines eigenen Online-Marktplatzes: „wir-in-guenzburg.de“. Entstanden ist die Plattform aus dem Modellprojekt „Digitale Einkaufsstadt Bayern“, für das sich Günzburg vor zwei Jahren erfolgreich beworben hatte. Franz Josef Pschierer, Staatssekretär im bayerischen Wirtschaftsministerium, machte beim offiziellen Start des Online-Marktplatzes im Stadttor am Eingang zum tatsächlichen Marktplatz der Stadt klar: Ohne Projekte wie diese habe der Einzelhandel vor Ort wenig Überlebenschancen.
„Wenn wir so weitermachen wie es früher war, wird es für die Innenstädte in Bayern schwer“, so Pschierer. Das Einkaufsverhalten der Menschen habe sich geändert, an der digitalen Welt komme im Handel niemand mehr vorbei. Die Staatsregierung investiere jedes Jahr Millionen in die Innenstädte. „Das hilft aber nichts, wenn hinter den Fassaden kein Leben mehr stattfindet.“Ausdrücklich begrüßte Pschierer deshalb digitale Angebote zur Stärkung des Einzelhandels vor Ort wie die Aktion „Lass den Klick in Deiner Stadt“von Hitradio rt1 und dem Fernsehsender a.tv. Auch das Projekt „Kauf vor Ort“unserer Zeitung gehört dazu. Die Landesund Kommunalpolitik könne vieles erleichtern und ermöglichen, so der Staatssekretär. Es liege am Einzelhandel, Möglichkeiten wie diese zu nutzen und geschickt den stationären Handel mit digitalen Angeboten zu kombinieren. „Dann brauchen sie sich auch nicht hinter InternetRiesen wie Amazon oder Zalando zu verstecken.“
Oberbürgermeister Gerhard Jauernig verwies auf die Notwendigkeit für die heimischen Geschäfte, sich scheinbar übermächtiger Konkurrenz zu stellen: „Wir stehen im Wettbewerb mit Mittel- und anderen Oberzentren. Outletcenter machen uns kräftig zu schaffen.“Und dann sei da eben auch das Geschäft im Internet, das den Händlern vor Ort Kopfschmerzen bereitet. Jauernig: „Entweder man nimmt das hin und sagt, die Welt ist eben schlecht. Oder man wird selbst aktiv.“Günzburg habe sich dafür entschieden, sich der Entwicklung zu stellen, anstatt sie zu bedauern. Dank der Unterstützung des CSU-Landtagsabgeordneten Alfred Sauter habe Günzburg unter 50 Bewerbern den Zuschlag für die digitale Einkaufsstadt und die damit verbundenen Fördermittel
Günzburg
bekommen, betonte Jauernig. Ein Ergebnis dieser gegenseitigen Unterstützung ist nun der OnlineMarktplatz, auf dem nach Angaben von Citymanagerin Nicola Tesch derzeit 46 Einzelhändler, Gastronomen, Handwerker und Dienstleister vertreten sind. „Wir finden, das ist ein ordentliches Ergebnis für den Start“, so Tesch. Gut 13000 Produkte aus dem Sortiment der Anbieter sind bereits über den OnlineMarktplatz verfügbar. „Die Kunden können über die Plattform Waren aussuchen und bestellen. Wenn das vor 16.30 Uhr geschieht und der Kunde im Stadtgebiet wohnt, ist eine Lieferung noch am selben Tag garantiert.“Ein lokales Lieferunternehmen übernehme dies, so Tesch, zudem sei zum Start des Marktplatzes die Lieferung noch kostenlos.
Wer außerhalb Günzburgs wohnt, kann bundesweit bestellen, muss jedoch einige Tage Lieferzeit in Kauf nehmen. Genauso können die Kunden jedoch auch ihre Bestellung aufgeben und die Ware vor Ort im Geschäft abholen. Tesch: „Der Kunde soll natürlich nicht nur online einkaufen, sondern sich über die Angebote der heimischen Händler informieren können und dann ins Geschäft zum Einkaufen kommen.“Weiterer Bestandteil von „wir-inguenzburg.de“sind aktuelle Angebote und Veranstaltungstermine der Stadt und der Unternehmen. Auch Vereine könnten hier Termine eintragen, so Tesch.
Längst besteht der Kundenkreis in der Innenstadt nicht nur aus Günzburgern, sondern gerade im Sommer aus Touristen, die in die Stadt kommen. „Wir haben hier in Günzburg den Strukturwandel bereits anders bewältigt“, so Landtagsabgeordneter Alfred Sauter. Viele andere Städte, auch im Landkreis Günzburg, erlebten dagegen derzeit eine Entwicklung der Leerung der Stadtkerne. Die große Zahl der Besucher in Günzburg und Umgebung durch Bayerns meist besuchte Attraktion Legoland sieht Sauter aus bayerischer Warte zu wenig gewürdigt: „Bayern muss schon saustark sein, dass es sich leisten kann, touristisch ohne seinen größten Magneten zu werben“, sagte Sauter an Pschierer gerichtet. Das Wirtschaftsministerium ist nämlich auch für den Tourismus im Freistaat zuständig. Die Veränderung von 40 000 Übernachtungen vor der Eröffnung des Freizeitparks auf aktuell 500000 Übernachtungen in der Region beeindruckte auch den aus Mindelheim stammenden Staatssekretär deutlich.