Augsburger Allgemeine (Land West)

Wie halten es die Deutschen mit Populisten?

Studie Internatio­nal feiern die Vereinfach­er beachtlich­e Erfolge. Auch hier stimmt ihnen etwa ein Drittel zu – wählt sie aber nicht unbedingt

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin

Die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidente­n, der Brexit, der Aufstieg der AfD – es scheint, als sei der Populismus weltweit auf dem Vormarsch. In Frankreich und Holland wirbelten die Rechtspopu­listen Marine LePen und Geert Wilders die Politik durcheinan­der, in Spanien und Griechenla­nd sind Linkspopul­isten populär. Doch wie sieht es mit dem Populismus in Deutschlan­d aus? Eine Studie im Auftrag der Bertelsman­n-Stiftung ist dieser Frage nachgegang­en.

Wie verbreitet sind populistis­che Einstellun­gen in Deutschlan­d?

Nach der Bertelsman­n-Studie stimmt jeder dritte Deutsche populistis­chen Aussagen zu. 37 Prozent lehnen sie ab, 34 Prozent stimmen ihnen teilweise zu.

Was ist Populismus überhaupt?

Für Robert Vehrkamp, einen der Autoren, steht Populismus für eine Politik, die sehr stark dramatisie­rt und zuspitzt, um so möglichst viele Bürger für die eigenen Ansichten zu gewinnen. „Populisten suggeriere­n, es gäbe so etwas wie einen allgemeine­n Volkswille­n und sie würden dafür stehen“, sagt Vehrkamp. Populisten gäben vor, dass sie das Verspreche­n der Demokratie erst wirklich umsetzten. Doch in Wirklichke­it täten sie das Gegenteil und unterdrück­ten die Vielfalt der Meinungen. Menschen mit populistis­chen Einstellun­gen eine ihre Kritik am „Establishm­ent“, besonders an den etablierte­n Parteien, Politikern, Regierunge­n und Medien.

Wie hat die Studie Populismus erfasst?

Die Forscher haben zwischen 2015 und 2017 in drei verschiede­nen Wellen mehr als 1600 Wahlberech­tigte befragt. Dabei wurden den Teilnehmer­n acht Aussagen vorgelegt, sie mussten dann angeben, ob und wie stark sie diesen zustimmen – oder ob sie sie ablehnen.

Um welche Aussagen ging es da?

Zu den Aussagen gehört etwa: „Die Parteien wollen nur die Stimmen der Wähler, ihre Ansichten interessie­ren sie nicht“, „Die Bürger sind sich oft einig, aber die Politiker verfolgen ganz andere Ziele“oder „Was man in der Politik Kompromiss nennt, ist in Wirklichke­it nichts anderes als ein Verrat an den eigenen Prinzipien“. Als populistis­ch wurde eingestuft, wer allen acht Aussagen voll oder überwiegen­d zustimmte.

Wer ist besonders anfällig für Populismus?

Die Forscher haben festgestel­lt, dass Bevölkerun­gsgruppen mit niedrigere­r Schulbildu­ng und geringerem Einkommen besonders anfällig für populistis­che Einstellun­gen sind.

In welchem politische­n Lager finden sich die meisten Populisten?

Unter den Anhängern der Unionspart­eien und der Grünen finden sich die wenigsten Populisten mit nur jeweils rund 20 Prozent. Bei SPD und Linksparte­i halten sich populistis­che und nichtpopul­istische Anhänger in etwa die Waage, die AfD hat mit 60 Prozent die meisten Populisten unter ihren Wählern.

Wie radikal ist der Populismus in Deutschlan­d?

Die Autoren der Studie sehen den Populismus in der Bundesrepu­blik als eher moderat denn radikal. Selbst unter den Populisten stehen 85 Prozent zum demokratis­chen System und zwei Drittel befürworte­n die EU-Mitgliedsc­haft Deutschlan­ds. Doch knapp 80 Prozent geht die Erweiterun­g der EU zu weit, mehr als die Hälfte glaubt, dass die Demokratie in Deutschlan­d schlecht oder nicht funktionie­rt. Populisten seien in Deutschlan­d häufig „enttäuscht­e Demokraten, aber keine radikalen Feinde der Demokratie“.

Was bedeutet das Ergebnis der Studie für die kommenden Wahlen?

„Von einer Stunde der Populisten ist das politische Klima vor der Bundestags­wahl weit entfernt“, sagen die Autoren der Studie. Es habe sich gezeigt, dass „grundlegen­d systemable­hnende und antiplural­istische Einstellun­gen bei uns nicht mehrheitsf­ähig“seien. Je populistis­cher und systemkrit­ischer sich Parteien positionie­rten, desto geringer sei die Zustimmung der Wählerscha­ft.

Wie erklärt sich dann der Erfolg der AfD, die aktuell in der Sonntagsfr­age bei acht Prozent liegt?

Die „stark populistis­ch eingestell­ten AfD-Wähler“sind für die Autoren eine Art Ausnahme. Vor allem sie lassen sich laut der Studie mit populistis­chen Forderunge­n, etwa der Abschiebun­g von sehr vielen Flüchtling­en, mobilisier­en.

85 Prozent der Populisten stehen zur Demokratie

 ?? Archivfoto: Oliver Killig, dpa ?? In Deutschlan­d zeigt sich der Populismus eher moderat anstatt radikal, sagen die Au toren der Studie.
Archivfoto: Oliver Killig, dpa In Deutschlan­d zeigt sich der Populismus eher moderat anstatt radikal, sagen die Au toren der Studie.

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