Augsburger Allgemeine (Land West)
Ist Athens Krise jetzt vorbei?
Was hinter der Rückkehr an den Kapitalmarkt steckt
Athen
Es ist ein erster Schritt in Richtung wirtschaftlicher Normalität: Am Dienstag ist es dem EuroDauerpatienten Griechenland gelungen, erstmals seit fast drei Jahren längerfristiges Geld von Anlegern einzusammeln. Eine Staatsanleihe mit einer Laufzeit von fünf Jahren stieß unter Investoren auf großes Interesse. Zwar musste das südeuropäische Krisenland mit deutlich über vier Prozent wesentlich höhere Zinsen zahlen als stabile Länder wie Deutschland. Dennoch kann Ministerpräsident Alexis Tsipras das Prestigeprojekt als Erfolg verbuchen, weil die angebotenen Schuldpapiere stark nachgefragt wurden.
Aber warum nimmt Griechenland überhaupt neuen Kredit auf? Die Aktion ist eher mit politischen Motiven als mit finanziellen Gründen zu erklären. Eigentlich benötigt das Land zum gegenwärtigen Zeitpunkt kein frisches Geld, weil es zum weit überwiegenden Teil von seinen Euro-Partnern über Wasser gehalten wird. Die Fachleute von der Commerzbank sprechen deshalb von einem „Testballon“. Konkret bedeutet das: Griechenland will testen, ob besonders langfristig orientierte Investoren wie Versicherungen oder Pensionsfonds bereit sind, dem Land wieder Kredit zu gewähren. Gründe dafür gäbe es. Zum einen sind unlängst abermals Streitigkeiten zwischen Griechenland und seinen Geldgebern beigelegt worden. Als Folge erhielt das Land von seinen Euro-Partnern dringend benötigtes Geld zur Rückzahlung alter Schulden.
Darüber hinaus hat die Ratingagentur Standard & Poor’s vor wenigen Tagen in Aussicht gestellt, die Kreditwürdigkeit des Landes – ausgehend von niedrigem Niveau – wieder etwas besser zu bewerten. All das hat die Stimmung jüngst zugunsten Griechenlands gedreht. Die Aktion ist allerdings nicht viel mehr als ein erster Schritt in Richtung wirtschaftlicher Normalität, aber auch nicht weniger.
Dass das Land auch nach all den Krisenjahren seit 2010 immer noch vor erheblichen wirtschaftlichen Herausforderungen steht, wird von kaum einem Experten bestritten. Zumindest aber ist Besserung in Sicht: Die wirtschaftliche Lage hat sich stabilisiert, die hohe Arbeitslosigkeit geht langsam zurück, und in der Politik geht es wesentlich ruhiger zu als nach der Regierungsübernahme durch Alexis Tsipras’ Linkspartei Syriza. Zurzeit ist geplant, dass Athen wieder auf eigenen Füßen stehen soll, wenn das aktuelle Hilfsprogramm Mitte 2018 ausläuft. Bernhard Funck, dpa