Augsburger Allgemeine (Land West)

Scheiden tut weh

- VON RONALD HINZPETER hip@augsburger allgemeine.de

Es ist kein Zufall, dass in der Bundesrepu­blik eine Nationalhy­mne gesungen wird, die ausdrückli­ch die Einigkeit beschwört. Das lässt sich auch als Reaktion auf die jahrhunder­telange Kleinstaat­erei verstehen, die Deutschlan­d zu einem Flickentep­pich an Klein- und Kleinsther­rschaften gemacht hat, der im Vergleich zu anderen Nationen erst spät vereint wurde. Dieser Geist lebt im deutschen Föderalism­us fort. Vor allem in Bayern gehört das Mia-san-mia-Denken mit seinem Hauch von Separatism­us zur Folklore.

So wundert es einen nicht unbedingt, dass die Große Kreisstadt Neu-Ulm vom Spaltpilz befallen ist und – so wie es aussieht – danach strebt, aus dem Landkreis Neu-Ulm auszuscher­en. Das wird im Umland nicht gerade mit Begeisteru­ng aufgenomme­n, denn seit der Gebietsref­orm 1972 war Neu-Ulm das starke Herz dieser Gebietskör­perschaft am Westrand des Freistaats.

Heute wollen die Stadträte grundsätzl­ich darüber entscheide­n, ob die Stadt aus dem Kreis ausscheide­n soll. Stark genug wäre sie, um im Chor der Kreisfreie­n mit kräftiger Stimme mitzusinge­n. Das will sie sich notfalls einiges kosten lassen, denn die finanziell­en Folgen der Scheidung lassen sich teilweise schwer beziffern. Bis alles entflochte­n wäre und die Verwaltung­en von Stadt und Kreis die Folgen der Trennung aufgearbei­tet hätten, würden etliche harte Jahre ins Land ziehen, in denen wohl auch manches Porzellan zu Bruch ginge. Scheiden tut weh.

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