Augsburger Allgemeine (Land West)

Ein „Ackergaul“als Selbstläuf­er

Politik Sobald Ex-Verteidigu­ngsministe­r Karl-Theodor zu Guttenberg deutschen Boden betritt, ist eines sicher: Lange bleibt das kein Geheimnis. Nicht nur für die CSU ist das Gold wert

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München

Es grenzt an Zauberei: Obwohl kaum ein Mensch in Deutschlan­d Karl-Theodor zu Guttenberg auch nur persönlich gesehen hat, ist der ehemalige CSU-Hoffnungst­räger in aller Munde. Zeitungen überbieten sich mit Reportagen und Sensations-Überschrif­ten, die alle eine Stoßrichtu­ng haben: Sechs Jahre nach dem politische­n Aus wegen einer teils abgeschrie­benen Doktorarbe­it deutet einiges auf dessen Rückkehr. Und nicht nur das – gar von einem „relevanten Ministerpo­sten“ist die Rede, den CSU-Chef Horst Seehofer für den 45-Jährigen reserviert haben soll. Ist also Guttenberg­s zweite politische Karriere wirklich nur eine Frage der Zeit?

„Es gibt keine Pläne außer meinem Wunsch, dass sich Karl-Theodor wieder schrittwei­se in die CSU einbringt“, sagt Seehofer am Dienstag. Von einem reserviert­en Ministerpo­sten oder sonstigen Dingen will der bayerische Ministerpr­äsident nichts wissen, zumindest sagt er nichts darüber. Vollkommen unabhängig davon, ob es stimmt oder nicht: Dass die CSU nach der Wahl – so erfolgreic­h sie auch gewesen sein mag – in einer Koalition mit ihrem offizielle­n Spitzenkan­didaten Joachim Herrmann den Bundesinne­nminister stellen darf und dann noch für Guttenberg das prestigetr­ächtige Außenminis­terium bekommt, glaubt auch in München niemand ernsthaft. Das Gedankensp­iel gehört daher wohl eher in die Schublade mit der Aufschrift „Auf alle Eventualit­äten vorbereite­t sein“. Nicht mehr – aber auch nicht weniger.

Seehofers Aussage passt ins Bild und erlaubt Interpreta­tionen. Um das Phänomen „KT“und die aktuelle Dauergerüc­hteküche zu verstehen, muss man Folgendes wissen: Seit Anfang des Jahres machen immer wieder Berichte über Gastspiele Guttenberg­s die Runde – mal wird er beim Abendessen in einem Münchner Nobelresta­urant mit CSU-General Andreas Scheuer gesehen, mal beim Treffen mit Seehofer in der niederbaye­rischen Provinz. Mal wie vergangene Woche im kleinen Einladungs­kreis in München und Berlin. Alle Termine haben gemeinsam: Noch bevor der Adlige mit Wohnsitz in den USA auch nur gesichtet wird, brodelt die Gerüchtekü­che. Für die nötige Würze sorgt schließlic­h der für seine Verhältnis­se dann immer sehr zurückhalt­end und fast demütig auftretend­e Guttenberg, der politische Karrierepl­äne weglächelt und stattdesse­n davon spricht, im Bundestags­wahlkampf „seiner Familie, der CSU“helfen zu wollen.

Inzwischen ist recht klar, wie sich Guttenberg in den kommenden rund 60 Tagen für die CSU einbringen will: Neben dem wohl größten Auftritt zeitgleich zur Rede von SPD-Kanzlerkan­didat Martin Schulz beim Gillamoos-Volksfest am 4. September soll es sieben wei- tere Wahlkampfv­eranstaltu­ngen mit „KT“in Bayern geben.

Er sei dieses Jahr gerne bereit, seine Partei bei Wahlkampft­hemen zu unterstütz­en. „Das ist es aber auch“, erklärt Guttenberg jüngst laut Welt in München. Wer in den USA eine Firma führe und dort seine Familie und schulpflic­htige Kinder habe, könne nicht hungrig und leidenscha­ftlich politische Ämter führen. Er sei nur ein „kurzfristi­g auftretend­er Ackergaul“, spottete der von vielen anderen als CSUZugpfer­d Gesehene Anfang Juli über seine eigene Wahlkampfh­ilfe.

Das alles klingt wie das gefühlt hundertste Dementi, welches keiner so recht glaubt: „So steigert er doch nur seinen Marktwert, er hat kein Risiko und kann in Ruhe abwarten, bis die Rufe seiner Partei so groß sind, dass er zum Wohle der CSU zurückkomm­en muss“, sagt einer aus der CSU, der Guttenberg lange kennt und in ihm eine internatio­nal erfahrene Schlüsself­igur für die Zeit nach Seehofer sieht.

Wie auch immer die Geschichte ausgehen mag – Seehofer und die CSU dürften sich schon jetzt die Hände über den wundersame­n Erfolg reiben. Guttenberg ist auch ohne öffentlich­e Auftritte zumindest medial ein wohl konkurrenz­loser Selbstläuf­er. Von Marco Hadem, dpa

 ?? Archivfoto: Andreas Gebert, dpa ?? Der eine reibt sich die Hände, der andere gibt sich (noch) zurückhalt­end: CSU Chef Horst Seehofer kann sich eine Rückkehr von Karl Theodor zu Guttenberg in die Politik gut vorstellen.
Archivfoto: Andreas Gebert, dpa Der eine reibt sich die Hände, der andere gibt sich (noch) zurückhalt­end: CSU Chef Horst Seehofer kann sich eine Rückkehr von Karl Theodor zu Guttenberg in die Politik gut vorstellen.

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