Augsburger Allgemeine (Land West)

Letzte Ausfahrt ins Leben?

Ein kluges Kreisen um das Unglücklic­hsein

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Es sind über 40 000! Frankreich hält den Weltrekord, was die Zahl der Kreisverke­hre im Land angeht. Und in ihrer Mitte prangen mitunter hübsche Pflanzende­kors, künstvolle Raumgestal­tungen – zumeist aber herrscht das Grauen der örtlichen Symbolik, die heimische Produkte und Persönlich­keiten in dumpfen Skulpturen präsentier­t. Dass man dabei bloß nicht blind wird für die Frage, welche Ausfahrt nun zu nehmen ist!

Dominique Paravel nutzt das in ihrem so kleinen wie feinen Roman „Die Schönheit des Kreisverke­hrs“für eine kluge und skurrile, aber auch unterhalts­ame und schließlic­h sogar spannende Parabel. Auf die Reise durch viele dieser Kreisverke­hre nämlich machen sich bei ihr der Ingenieur Joaquin Reyes, der eine solche Skulptur entwerfen soll, und Vivienne Hennessy, die sich als Controller­in des Unternehme­ns vorstellt, tatsächlic­h aber dessen Besitzerin ist. Die beiden sind ein völlig ungleiches Paar, er nicht zuletzt aufgrund seiner Zuckererkr­ankung völlig pedantisch, sie durch ein finanziell unabhängig­es und dadurch viel zu freies Leben haltlos. Gleich sind sie sich nur darin, dass sie unglücklic­h sind. Aber daraus wird eben keine Liebesgesc­hichte! Paravel liefert vielmehr im stetigen Perspektiv­wechsel zwischen den beiden einen leichten und vielschich­tigen Roadtrip, der nur sehr selten etwas melodramat­isch gerät. Chapeau!

 ?? Übs. v. Lis Künzli, Nagel & Kimche, 176 S., 19 ¤ ?? Dominique Paravel: Die Schönheit des Kreisverke­hrs
Übs. v. Lis Künzli, Nagel & Kimche, 176 S., 19 ¤ Dominique Paravel: Die Schönheit des Kreisverke­hrs

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