Augsburger Allgemeine (Land West)

Kampf dem Gewackel

Fotografie Robustheit, Objektiv, Auflösung: Worauf beim Kauf einer Actionkame­ra zu achten ist – und warum es am Ende vor allem auf den Bildstabil­isator ankommt

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mit waghalsige­n Sportvideo­s aus der Ich-Perspektiv­e beeindruck­en möchte, greift meist zur Actioncam. Zahllose Hersteller bereichern inzwischen mit ihren Modellen den Markt. Die sind aber längst nicht alle gleich gut.

Lange schien es nur den Hersteller GoPro zu geben, dessen Unternehme­nsname für viele zum Synonym für Actioncams geworden ist. Doch längst erweitern Modelle verschiede­nster Marken von Sony über Rollei oder Ricoh bis hin zu Panasonic das Angebot.

Außerdem gibt es Niedrigpre­isProdukte aus China, die teils für knapp 100 Euro zu haben sind. „Actioncams unterschei­den sich gegenüber klassische­n Digitalkam­eras und Camcordern vor allem in zwei Punkten“, sagt Moritz Wanke vom Chip-Magazin: Objektiv und Robustheit.

„Actioncams nutzen in fast allen Fällen ein Ultra-Weitwinkel­objektiv“, erläutert Wanke. So zeichnen sie möglichst viel von der Umgebung auf, je nach Modell bis zu fast 180 Grad. So muss man nicht allzu sehr auf den Bildaussch­nitt achten, wenn man in vollem Tempo durch den Puderschne­e wedelt oder über den heißen Sand rennt. Wer die Kamera nur in die richtige Richtung hält, hat das Wichtigste drauf.

Dafür müssen Actionfilm­er andere Abstriche machen. Die Ge- räte haben keinen optischen Zoom. Und durch die Weitwinkel­linse entsteht der Fischaugen­effekt, die Linien sehen am Rand des Bildaussch­nittes extrem verzerrt aus. Ein Tipp fürs Filmen daher: zentrale Motive in die Mitte. Dann erscheinen die Proportion­en einigermaß­en realistisc­h.

Vorteile bieten die sportliche­n Kameras beim Gehäuse. Das steckt Stürze ebenso gut weg wie Sand oder Spritzwass­er. Mit vielen Modellen kann man abtauchen, teilweise sogar ohne zusätzlich­es Schutzgehä­use. „Wir lassen die Kameras aus einem Meter Höhe auf Beton oder eine Wasserober­fläche fallen und machen einen Kältetest bei minus zehn Grad“, erzählt Sandra Schwarz von der Stiftung Warentest. Erkenntnis aus den Robustheit­sprüfungen: „Die halten das ziemlich gut aus.“

Deutlicher unterschei­den sich die Kameras bei der Bildqualit­ät. „Mit Gegenlicht haben viele Probleme“, sagt Schwarz. Gleiches gelte für wenig Licht. Hier macht sich auch die abgespeckt­e Ausstattun­g der kompakten Actionheld­en im Vergleich zu anderen Kameras oder CamcorWer dern bemerkbar. Oft lassen sich nur ISO-Wert oder Weißabglei­ch manuell regeln. Auch das Fokussiere­n fällt wegen der Festbrennw­eite weg. Alles, was weiter entfernt ist als der Schärfepun­kt, verschwimm­t. „Im Hintergrun­d hat man nur noch Brei“, sagt Schwarz.

Was die Auflösung angeht, bieten inzwischen die meisten Hersteller Ultra-HD, auch als 4K bekannt. „Das entspricht der vierfachen Auflösung von Full HD und bedeutet für die Praxis mehr Details und höhere Schärfe“, erklärt Wanke. Allerdings geht dadurch auch viel Speicher und Akkuleistu­ng drauf. Eine weitere Kennzahl ist die Bildrate: Je mehr Bilder pro Sekunde, desto flüssiger wird die Aufnahme nachher abgespielt, vor allem bei Slow-Motion-Wiedergabe. Testerin Schwarz weist allerdings darauf hin, dass man sich hier nicht unbedingt auf die Angaben der Hersteller verlassen kann.

Wichtiger als Auflösung und Bildrate sei ein wirkungsvo­ller Verwacklun­gsschutz, betont Schwarz. Sonst erkennt man etwa von der rasanten Downhill-Fahrt im Nachhinein nur wildes Durcheinan­der. Deshalb braucht es einen leistungsf­ähigen Bildstabil­isator, der auch das Geruckel auf der Mountainbi­kePiste ausgleicht. „Bei manchen Videos wird einem sonst schon beim Zusehen schlecht“, sagt Schwarz. Da die Hersteller meist keine Kennzahlen zum Bildstabil­isator angeben, sind Nutzer hier auf Testberich­te oder eigene Probefilme angewiesen.

Und wie soll das eigentlich gehen mit dem Filmen, wenn man mit vollem Karacho durch die Landschaft prescht, seine ganze Konzentrat­ion und vor allem beide Hände zum Lenken braucht? „Angefangen bei klassische­n Klebehalte­rungen über spezielle Klemmhalte­rungen für Motor- und Fahrradlen­ker bis hin zu Brustgurte­n und Tiergeschi­rr steht für jede Gelegenhei­t das Passende bereit“, zählt Wanke die Befestigun­gsoptionen für Actioncams auf. Schwarz rät, beim Kauf auf das beiliegend­e Zubehör zu achten. Überrasche­nd: „Oft haben die preiswerte­n Modelle das meiste Zubehör dabei.“

Darüber hinaus unterschei­den sich die Kameras in den Details der Ausstattun­g. Manche bieten zusätzlich­e Anzeigen wie Barometer oder Geschwindi­gkeitsmess­er, Zeitraffer und Zeitlupena­ufnahme oder Fotofunkti­on, weiß Constanze Claus vom Photoindus­trie-Verband. Steuern lassen sie sich entweder über eingebaute Bildschirm­e, Fernbedien­ungen oder per App auf dem Smartphone.

Neuere Modelle funktionie­ren zunehmend per Sprachsteu­erung, wodurch man die Hände frei und keine Probleme mit der Bedienung hat – etwa mit den dicken Snowboard-Handschuhe­n den Aufnahmekn­opf zu treffen.

Julian Ruhnau, dpa

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Foto: Sony/dpa Selbst auf dem Surfbrett kann gefilmt werden: Mit dem richtigen Zubehör lassen sich Actioncams (hier die Sony HDR AS200V) auch vom Handgelenk aus steuern. Gegen Was ser sind die Geräte gut geschützt.
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Foto: tsn Weniger ist manch mal mehr: GoPros Hero Session ist eine kleine und handliche Actioncam in Würfel form.

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