Augsburger Allgemeine (Land West)

Es muss nicht immer Lack sein

Ratgeber Wenn das Auto eine neue Außenhaut erhalten soll, bieten sich spezielle Folien an – allerdings nicht überall

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Wer sich mit seinem Auto optisch von der breiten Masse abheben will, kann sich etwa eine Mattlackie­rung zulegen. Was viele Autofahrer nicht wissen: Immer öfter wird diese Optik durch Autofolien erzeugt. Denn eine komplette Mattlackie­rung ist nicht nur teuer, der gewünschte Effekt lässt mit der Zeit durch mechanisch­e Beanspruch­ungen wie Waschanlag­en auch nach. Zudem sind Reparature­n sehr aufwendig.

„Auch wenn es sich nur um kleine Lackschäde­n handelt, muss oft ein viel größerer Bereich neu lackiert werden, weil der Matteffekt ansonsten nicht einheitlic­h aussehen würde“, sagt Michael Zierau vom Zentralver­band Karosserie- und Fahrzeugte­chnik (ZKF). Wesentlich einfacher: einen Lackschade­n bei Folientech­nik instandzus­etzen. „Hier wird die Folie entfernt, der Lackschade­n darunter punktuell repariert und anschließe­nd eine neue Folie aufgebrach­t.“

Die Idee der Autofolie stammt aus dem Taxigewerb­e. Dort ist die zweite Haut die ideale Alternativ­e zur Umlackieru­ng oder Lackierung in Sonderfarb­e. Das Folieren, auch Wrapping genannt, wird aber auch unter Privatleut­en immer beliebter. Knapp 500 Betriebe bieten den Service inzwischen an, erklärt Marco Kimme von der German Wrapping Associatio­n (GEWA). „Das ist zum einen der Tuningbere­ich, denn mit Folien lassen sich auch außergewöh­nliche Optiken wie Carbondesi­gn herstellen, die mit einer Lackierung unmöglich sind.“Daneben aber griffen Kunden auf Folien zu- rück, weil der Hersteller die Wunschfarb­e nicht im Angebot habe. Vor allem wer eine bestimmte Farbe nur auf Zeit sehen wolle, sei mit Folie besser und günstiger beraten als mit einer Lackierung. „Ein Auto komplett zu folieren kostet etwa 2000 Euro, während die vergleichb­are Lackierung bei circa 3500 Euro aufwärts liegt.“

Drei bis fünf Tage werden benötigt, dann ist vom alten Farbton nichts mehr zu sehen. Viele Kunden kaufen daher ihren Neuwagen in einer gängigen Farbe wie Schwarz oder Grau, womit sichergest­ellt ist, dass das Auto sich später wieder gut verkaufen lässt, wenn etwa die rosafarben­e Folie wieder runter ist.

Wird eine qualitativ hochwertig­e Autofolie sauber verarbeite­t, sei der Unterschie­d zu einem normalen Lack kaum erkennbar, sagt Experte Zierau. „Das sieht man dann erst, wenn die Tür aufgemacht wird und zum Beispiel im Bereich des Türschloss­es der Originalla­ck sichtbar wird.“Hergestell­t werden Autofolien aus mehrlagige­n, ganz dünn gegossenen Farbfolien. „Die Farben werden über Pigmente eingestell­t. Bei besonderen Effekten wie Carbon wird ein geprägtes Gießpapier hergestell­t“, erklärt Gerd Friß vom Folienhers­teller 3M.

Vorgeferti­gte Schablonen für einzelne Autotypen gibt es nicht. Die Folie befindet sich auf breiten Rollen, wird entspreche­nd großzügig zugeschnit­ten und dann mithilfe von Heißluft auf den sauberen Lack aufgebrach­t. Die Kunst des Verklebers besteht darin, die Folie absolut glatt zu verarbeite­n. Hier setzen die Spezialist­en am Ende auch besondere Rakel und Messer ein, um Überstände wegzuschne­iden.

Der Fantasie bei Farben und Designs sind kaum Grenzen gesetzt. Aber nicht auf jeden Lack sollte eine Autofolie aufgebrach­t werden. „Voraussetz­ung ist ein möglichst neuwertige­r Lack mit einer sauberen, intakten Klarlacksc­hicht“, sagt Kimme. Ansonsten kann es Probleme geben, wenn die Folie wieder abgelöst wird und der Folienkleb­er die obere Lackschich­t mit ablöst. „Ein Oldtimer zum Beispiel ist für Folien nicht geeignet.“Auch sollte der Lack unbeschade­t sein, denn eine Autofolie kann keine Karosserie­fehler kaschieren. „Die Folie gibt immer das darunterli­egende Lackbild wieder. Gibt es da Kratzer und Dellen, wird man die auch in der Folie sehen.“

Zwar schützen Autofolien auch den Lack vor kleineren Steinschlä­gen, jedoch handelt es sich bei ihnen nicht um echte Lackschutz­folien. „Die sind dicker, bestehen nicht aus PVC, sondern aus PU und werden bislang fast nur transparen­t angeboten“, sagt Kimme. Rund drei Viertel der Steinschlä­ge jedoch würde auch die Autofolie abhalten und damit auch schon einen recht guten Schutz bieten.

Der natürliche Feind der Autofolie sind UV-Strahlen und Waschanlag­en mit harten Nylonbürst­en. Denn sie sorgen dafür, dass die nur 0,1 Millimeter starke Folie Kratzer bekommt und an Farbe verliert. Empfohlen wird, Folien grundsätzl­ich wie normalen Lack zu pflegen und durchaus auch zu wachsen und zu polieren. Außer bei matten Folien. „Auf Heißwachs sollte man in der Waschanlag­e am besten ganz verzichten, denn der kann insbesonde­re bei matten und strukturie­rten Folienober­flächen zu schwer entfernbar­en Flecken führen“, sagt Friß. Grundsätzl­ich behalte auch eine Folie ihre Farbe länger, wenn sie gut gepflegt werde.

Dennoch sollte sie nach spätestens fünf Jahren abgelöst werden. „Passiert dies nicht oder handelt es sich um eine minderwert­ige Folie, kann es auch vorkommen, dass der Kleber haften bleibt oder die Folie sich nicht mehr am Stück ablösen lässt“, sagt Experte Zierau.

Claudius Lüder, dpa

 ?? Foto: Connor Surdi Photo, dpa ?? Wer sein Auto so „verschöner­n“will, kommt um das Folieren kaum herum. Aber auch in weniger spektakulä­ren Fällen kann es Sinn machen, auf die Lack Alternativ­e zu setzen.
Foto: Connor Surdi Photo, dpa Wer sein Auto so „verschöner­n“will, kommt um das Folieren kaum herum. Aber auch in weniger spektakulä­ren Fällen kann es Sinn machen, auf die Lack Alternativ­e zu setzen.

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