Augsburger Allgemeine (Land West)
Braune Tonne: Bürger fordern Gratistausch
Müllabfuhr Mit einer Unterschriftenaktion im ganzen Landkreis wollen Schwabmünchner die Kreispolitiker zum Umdenken bewegen. Für die Aktion gibt es ein Vorbild
Landkreis Augsburg Der erste Probelauf bei einem Gartenfest hat ihn ermutigt. Flugs hatte Josef Gegenfurtner eine Handvoll Unterschriften zusammen für sein Anliegen. Der Schwabmünchner fordert, dass kaputte Biotonnen kostenlos ausgetauscht und dass die Tonnen künftig in bestimmten Jahreszeiten wöchentlich geleert werden. Dafür will er jetzt im gesamten Landkreis Augsburg Unterschriften sammeln und sucht Unterstützer.
Gegenfurtners Zielgruppe ist theoretisch groß. 65000 Biotonnen wurden seit 2013 im Landkreis aufgestellt. In ihnen werden Küchenund Gartenabfälle gesammelt, aus denen in der Augsburger AVA genug Biogas wird, um 3900 Haushalte zu beheizen. Im Landkreis aber gibt es Ärger, weil immer wieder Tonnen kaputtgehen und in vielen Fällen dann von den betroffenen Bürgern ersetzt werden sollen. „60 Euro sind für einen Rentner viel Geld“, sagt Gegenfurtner und fordert den kostenlosen Tonnentausch.
Gemessen an der Gesamtmenge der Tonnen ist die Zahl der Havarien bisher überschaubar. Mit bis zu 200 Schadensmeldungen sei heuer zu rechnen, sagt Günther Prestele, Chef des Abfallwirtschaftsbetriebs. Er geht aber davon aus, dass die Dunkelziffer höher ist. Im Frühjahr, wenn alle Mülltonnen im Landkreis aus verwaltungstechnischen Gründen Chips erhalten haben, werde man es genauer wissen. Für eine Regelung, wie mit den kaputten Tonnen verfahren werden soll, sei es deshalb zu früh, sagte Prestele gestern. Er hat aber einen Vorschlag in der Schublade, wie Bürgern und Verwaltung geholfen werden könnte. Bislang müssen Betroffene belegen, dass sie nicht selber schuld sind am „Exitus“ihrer Tonne, weil sie sie zum Beispiel überladen haben. Vorstellbar wäre laut Prestele nun, die Prozedur abzukürzen. Sobald eine kaputte Tonne mindestens sieben Jahre auf dem Buckel hat, soll sie anstandslos und kostenfrei ausgetauscht werden.
Der Haken: Diese Regelung muss erstens noch beschlossen werden und hilft zweitens erst ab Anfang 2020. Dann nämlich sind die ersten Tonnen sieben Jahre alt.
Noch schlechter sieht es in Presteles Augen mit der zweiten Forderung aus: wöchentliche Leerung in bestimmten Jahreszeiten. Erstens, so der Chef des Abfallwirtschaftsbetriebs, habe die AVA gar nicht genügend Kapazitäten für noch mehr Biomüll. Zweitens koste ein kürzerer Abfuhrrhythmus das Geld aller Gebührenzahler. Schließlich habe drittens der Werkausschuss des Kreistags erst im Frühjahr die Müllabfuhr neu ausgeschrieben. In den Bedingungen ist festgelegt, dass der Biomüll und der Restmüll im Wechsel alle zwei Wochen geholt werden. Der neue Vertrag, der ab 1. Januar für sieben Jahre (plus zwei Jahre Option) gelte, lasse sich im Nachhinein nur schwer verändern. Presteles Vorschlag: Wem die Biotonne nicht reiche, der könne seine Gartenabfälle ja nach wie vor zu den Grüngutsammelstellen der Gemeinden bringen.
Gegenfurtner will sich damit nicht zufriedengeben. Er will mit Unterschriften Druck aufbauen und sich an den Werkausschuss des Kreistags wenden. Denn dieses mit Kommunalpolitikern besetzte Gremium entscheidet am Ende. Ein Bürgerbegehren, das letztlich zu einer landkreisweiten Abstimmung führen könnte habe er dagegen nicht im Sinn, sagt der 67-Jährige: „Das ist ein Mordsaufwand.“
Bei einem richtigen Begehren gibt es etliche juristische Fallstricke. In der Hauptsache bräuchte eine Frage, die nur mit Ja oder Nein zu beantworten ist. Dafür müssten dann 9750 (fünf Prozent) der wahlberechtigten Bürger im Landkreis Augsburg unterschreiben. Diese Unterschriften zu sammeln, würde einen großen Aufwand bedeuten – noch nie hat es bisher ein landkreisweites Bürgerbegehren gegeben.
Manchmal reicht aber schon eine Unterschriftensammlung, damit Politiker reagieren. Vergangenes Jahr bewegten gerade einmal 2000 Unterschriften Landrat Martin Sailer zum Einlenken. Er stimmte einer Rückkehr der Autokennzeichen SMÜ und WER zu, die es seit dem Frühjahr im Augsburger Land neben dem A wieder gibt. Gegenfurtner kennt die Geschichte nur zu gut: Er war einer der Initiatoren der »Kommentar SMÜ-Aktion. O
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