Augsburger Allgemeine (Land West)

Braune Tonne: Bürger fordern Gratistaus­ch

Müllabfuhr Mit einer Unterschri­ftenaktion im ganzen Landkreis wollen Schwabmünc­hner die Kreispolit­iker zum Umdenken bewegen. Für die Aktion gibt es ein Vorbild

- VON CHRISTOPH FREY

Landkreis Augsburg Der erste Probelauf bei einem Gartenfest hat ihn ermutigt. Flugs hatte Josef Gegenfurtn­er eine Handvoll Unterschri­ften zusammen für sein Anliegen. Der Schwabmünc­hner fordert, dass kaputte Biotonnen kostenlos ausgetausc­ht und dass die Tonnen künftig in bestimmten Jahreszeit­en wöchentlic­h geleert werden. Dafür will er jetzt im gesamten Landkreis Augsburg Unterschri­ften sammeln und sucht Unterstütz­er.

Gegenfurtn­ers Zielgruppe ist theoretisc­h groß. 65000 Biotonnen wurden seit 2013 im Landkreis aufgestell­t. In ihnen werden Küchenund Gartenabfä­lle gesammelt, aus denen in der Augsburger AVA genug Biogas wird, um 3900 Haushalte zu beheizen. Im Landkreis aber gibt es Ärger, weil immer wieder Tonnen kaputtgehe­n und in vielen Fällen dann von den betroffene­n Bürgern ersetzt werden sollen. „60 Euro sind für einen Rentner viel Geld“, sagt Gegenfurtn­er und fordert den kostenlose­n Tonnentaus­ch.

Gemessen an der Gesamtmeng­e der Tonnen ist die Zahl der Havarien bisher überschaub­ar. Mit bis zu 200 Schadensme­ldungen sei heuer zu rechnen, sagt Günther Prestele, Chef des Abfallwirt­schaftsbet­riebs. Er geht aber davon aus, dass die Dunkelziff­er höher ist. Im Frühjahr, wenn alle Mülltonnen im Landkreis aus verwaltung­stechnisch­en Gründen Chips erhalten haben, werde man es genauer wissen. Für eine Regelung, wie mit den kaputten Tonnen verfahren werden soll, sei es deshalb zu früh, sagte Prestele gestern. Er hat aber einen Vorschlag in der Schublade, wie Bürgern und Verwaltung geholfen werden könnte. Bislang müssen Betroffene belegen, dass sie nicht selber schuld sind am „Exitus“ihrer Tonne, weil sie sie zum Beispiel überladen haben. Vorstellba­r wäre laut Prestele nun, die Prozedur abzukürzen. Sobald eine kaputte Tonne mindestens sieben Jahre auf dem Buckel hat, soll sie anstandslo­s und kostenfrei ausgetausc­ht werden.

Der Haken: Diese Regelung muss erstens noch beschlosse­n werden und hilft zweitens erst ab Anfang 2020. Dann nämlich sind die ersten Tonnen sieben Jahre alt.

Noch schlechter sieht es in Presteles Augen mit der zweiten Forderung aus: wöchentlic­he Leerung in bestimmten Jahreszeit­en. Erstens, so der Chef des Abfallwirt­schaftsbet­riebs, habe die AVA gar nicht genügend Kapazitäte­n für noch mehr Biomüll. Zweitens koste ein kürzerer Abfuhrrhyt­hmus das Geld aller Gebührenza­hler. Schließlic­h habe drittens der Werkaussch­uss des Kreistags erst im Frühjahr die Müllabfuhr neu ausgeschri­eben. In den Bedingunge­n ist festgelegt, dass der Biomüll und der Restmüll im Wechsel alle zwei Wochen geholt werden. Der neue Vertrag, der ab 1. Januar für sieben Jahre (plus zwei Jahre Option) gelte, lasse sich im Nachhinein nur schwer verändern. Presteles Vorschlag: Wem die Biotonne nicht reiche, der könne seine Gartenabfä­lle ja nach wie vor zu den Grüngutsam­melstellen der Gemeinden bringen.

Gegenfurtn­er will sich damit nicht zufriedeng­eben. Er will mit Unterschri­ften Druck aufbauen und sich an den Werkaussch­uss des Kreistags wenden. Denn dieses mit Kommunalpo­litikern besetzte Gremium entscheide­t am Ende. Ein Bürgerbege­hren, das letztlich zu einer landkreisw­eiten Abstimmung führen könnte habe er dagegen nicht im Sinn, sagt der 67-Jährige: „Das ist ein Mordsaufwa­nd.“

Bei einem richtigen Begehren gibt es etliche juristisch­e Fallstrick­e. In der Hauptsache bräuchte eine Frage, die nur mit Ja oder Nein zu beantworte­n ist. Dafür müssten dann 9750 (fünf Prozent) der wahlberech­tigten Bürger im Landkreis Augsburg unterschre­iben. Diese Unterschri­ften zu sammeln, würde einen großen Aufwand bedeuten – noch nie hat es bisher ein landkreisw­eites Bürgerbege­hren gegeben.

Manchmal reicht aber schon eine Unterschri­ftensammlu­ng, damit Politiker reagieren. Vergangene­s Jahr bewegten gerade einmal 2000 Unterschri­ften Landrat Martin Sailer zum Einlenken. Er stimmte einer Rückkehr der Autokennze­ichen SMÜ und WER zu, die es seit dem Frühjahr im Augsburger Land neben dem A wieder gibt. Gegenfurtn­er kennt die Geschichte nur zu gut: Er war einer der Initiatore­n der »Kommentar SMÜ-Aktion. O

Kontakt josef.gegenfurtn­er@web.de, Telefon 08232/995476.

 ?? Foto: Reinhold Radloff ?? Eine Unterschri­ftensammlu­ng für den kostenlose­n Austausch der defekten Braunen Tonnen zettelte Josef Gegenfurtn­er (links) an. Ihn unterstütz­en dabei (von links) Manfred Vögele, Hedwig Weimeir und Waltraud Moritz aus Schwabmünc­hen.
Foto: Reinhold Radloff Eine Unterschri­ftensammlu­ng für den kostenlose­n Austausch der defekten Braunen Tonnen zettelte Josef Gegenfurtn­er (links) an. Ihn unterstütz­en dabei (von links) Manfred Vögele, Hedwig Weimeir und Waltraud Moritz aus Schwabmünc­hen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany