Augsburger Allgemeine (Land West)
Vergewaltigung als Luftnummer
Gericht Eine 22-Jährige bringt ihren Exfreund für zwei Monate hinter Gitter. Dann kommt die überraschende Wende: Jetzt droht der Frau eine Gefängnisstrafe
Zuerst hat sie ihren Exfreund in allergrößte Schwierigkeiten gebracht, jetzt sich selbst: Mit Post von der Staatsanwaltschaft muss eine 22-jährige Frau rechnen, die im April ihren Ex bei der Polizei angezeigt hatte. Sie behauptete, von ihm vergewaltigt worden zu sein. Der 21-Jährige aus Neusäß kam daraufhin in Untersuchungshaft. Zwei Monate saß er in der JVA Gablingen ein – zu Unrecht, wie sich am Amtsgericht Augsburg herausstellte.
Die junge Frau, die als Zeugin den angeblichen Vorfall im März schildern sollte, räumte ein: Sie habe bei der Polizei die Unwahrheit gesagt. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit bestätigte sie, was der Angeklagte 21-Jährige vorher erklärt hatte: Sie habe einvernehmlich Geschlechtsverkehr mit ihm gehabt.
Gegenüber Polizei und Staatsanwaltschaft hatte sich das noch anders angehört: Die junge Frau sagte, dass ihr der Freund die Kleider vom Körper gerissen und sich über sie hergemacht hatte. Sie habe ihm mehrfach zu verstehen gegeben, dass sie es nicht wolle. Eine Gegenwehr sei aufgrund der Körpergröße des Beschuldigten nicht möglich gewesen, stand dann in der Anklage.
Der 21-Jährige bestritt den Ablauf, der ihm fast zwei Monate in der JVA in Gablingen eingebracht hatte. So hatte er den Abend in Erinnerung: Gemeinsam habe man ferngesehen. Zunächst verfolgten sie auf der Eckcouch „Bares für Rares“, dann lief „Suicide Squad“. Der 21-Jährige sagte, dass eine Schauspielerin „cool“sei, woraufhin sie entgegnet haben soll: „Das bin ich auch.“So hätten die Intimitäten begonnen. Er habe dann die Initiative ergriffen. Auf Nachfrage von Richterin Kerstin Wagner sagte der Angeklagte: „Bei uns war es immer so, dass es von jetzt auf gleich passiert ist.“Dass sie nichts von ihm wissen wollte, sei falsch: Sie habe ihn zu sich gezogen. Sie habe ihn geküsst.
Nach Darstellung der jungen Frau sei bereits einige Wochen vor der angeblichen Vergewaltigung der Ofen aus gewesen. Sie seien eigentlich getrennt gewesen, sie habe nur noch bei ihm gewohnt, weil sie keine andere Bleibe gefunden hatte. Tatsächlich hatte es in der Beziehung gekriselt. Er sei auf Abstand gegangen, weil es immer wieder Streit gegeben habe. Zudem sei er mit der Lebensweise seiner damaligen Partnerin nicht einverstanden gewesen: Sie habe während der Schwangerschaft geraucht und sich seiner Meinung nach nicht ausreichend um den Nachwuchs gekümmert. „Sie ist krankhaft eifersüchtig“, sagte der 21-Jährige. Für Streit sorgte wohl auch die Frage, was mit den leiblichen Kindern passiert. Trotz alledem habe er sie noch ein „bisschen geliebt“. Eine Woche vor dem Vorfall soll die junge Frau angekündigt haben, dass sie dafür sorgen werde, dass er weggesperrt wird. So kam es. Als der selbstständige Unternehmer von der Anzeige erfuhr, sei er sprachlos gewesen. Er habe sich dann selbst bei der Polizei gemeldet, um klarzustellen, was passiert war. Doch von dort führte der Weg in die Haft.
In der Verhandlung hielt ihm Staatsanwältin Alexandra Krug vor, dass das Gespräch kurz vor dem Geschlechtsverkehr anders verlaufen sei, nämlich alles andere als harmonisch. Es sei um die Zukunft der Kinder gegangen. Außerdem habe er darauf gedrängt, dass sie auszieht. Zu den widersprüchlichen Darstellungen sagte der junge Mann, der von Rechtsanwalt Moritz Bode vertreten wurde: „Es war ein Hin und Her.“Angesichts der unterschiedlichen Versionen wollte Richterin Kerstin Wagner von dem 21-Jährigen wissen, warum ihn seine Ex so schwer belastet. Seine Antwort fiel kurz und trocken aus: „Hass.“
Jetzt schlägt das Pendel zurück: Die junge Frau muss mit einem Verfahren wegen falscher Verdächtigung und Freiheitsberaubung rechnen. Der freigesprochene 21-Jährige erhält eine Entschädigung der Staatskasse.