Augsburger Allgemeine (Land West)
„Mir fällt dauernd was ein“
Künstlerkarrieren (19) Schreibblockaden kennt Michael Peinkofer nicht. Jahr für Jahr bringt er Bücher auf den Markt – zuletzt einen Roman über den Freiheitskampf der Schotten
Kempten
Und wieder 500 Seiten Mittelalter. Vor ein paar Tagen ist Michael Peinkofers neuer Roman in die Buchhandlungen ausgeliefert worden. Diesmal hat er sich den Freiheitskampf der Schotten im 13. Jahrhundert vorgenommen. Wie immer bei seinen historischen Erzählungen nimmt er geschichtliche Fakten und Daten als Rohmaterial und baut drum herum eine Handlung mit realen und fiktiven Personen, mit wahren und erfundenen Begebenheiten. Gerade mal ein Jahr hat der Kemptener Autor an den „Runen der Freiheit“geschrieben.
Jahr für Jahr bringt er einen mehr oder weniger dicken Roman auf den Markt. Mal auch zwei. Michael Peinkofer ist ein Vielschreiber wie aus dem Bilderbuch. Wobei er sich nicht allein auf historische Romane festgelegt hat. In gleicher Weise produziert er Fantasy-Bücher. Mit seinen Geschichten rund um Orks, Elfen und Hexen hat er es in die nationalen Bestsellerlisten geschafft. Und als ob das noch nicht genug wäre, schreibt er alle paar Jahre einen Krimi. Etwa 40 Bücher sind so in seinem 48 Jahre dauernden Leben zusammengekommen, mit einer Gesamtauflage von etwa 2,5 Millionen Exemplaren.
Jeden Vormittag, wenn die zwölf- jährige Tochter sich Richtung Schule aufgemacht hat, setzt Michael Peinkofer sich an seinen Computer und hackt seitenweise Texte in die Tastatur. Schreibblockaden? Kennt er nicht. Die Fantasie blüht und versiegt nicht. „Mir fällt dauernd was ein“, sagt er. Weltliteratur kommt dabei nicht heraus, das weiß Peinkofer sehr wohl. Er selbst schätzt sich als „kreativen Handwerker“ein. Einen Anspruch hat der dennoch: Er möchte nicht nur gut unterhalten, am liebsten in einer Art KinofilmÄsthetik, sondern nebenbei auch Ethik, Moral und Politik vermitteln. „Es geht bei mir immer um existenzielle Fragen. Woher kommen wir? Wer sind wir? Wohin gehen wir?“
Geboren werden seine Geschichten rund um Ritter und Mönche, Orks und Elfen in einem kleinen Büro ganz in der Nähe seines Kemptener Reihenhauses. Drei mal drei Meter misst es. Ein Schreibtisch, ein Arbeitsstuhl, zwei Ledersessel und ein paar Regale – so hat er sein „Dichterstübchen“(Peinkofer) eingerichtet. Eine Jalousie verstellt den Blick nach draußen. Die Gedanken des Autors sollen durch nichts abgelenkt werden. „Ich brauche die Enge, um mich zu konzentrieren“, sagt der Mann mit der Nickelbrille und zeigt auf seinen Kopf. „Das Weite und die Freiheit sind hier oben drin.“
Schon der Grundschüler Michael entwickelte Fantasie im Überfluss. Die erste Geschichte schrieb er mit neun. Es ging um die Burghalde, jene Ruine, die sich auf einem Felsen über Kempten erhebt. Natürlich spielten da schon die Ritter eine tragende Rolle. Bald wusste der kleine Michael, was er später einmal werden wollte: Schriftsteller. Dass er das Zeug zum Geschichtenerzähler hatte, merkte er auch auf dem Pausenhof. Um was es in den Fernsehsendungen am Vorabend ging, das habe er, so erinnert sich Peinkofer, seinen Mitschülern immer ausführlich zu berichten gewusst.
Filme – das waren und sind die andere große Leidenschaft. Als Peinkofer in München Germanistik, Geschichte und Kommunikationswissenschaft fürs Lehramt studierte, schrieb er für Film- und Kinomagazine. Das mit dem Lehrerwerden gab er im 4. Semester auf und verfasste einen Krimi. Der kam so gut an, dass er sein Studium fortan mit Bücherschreiben finanzierte. Mit dem Magisterabschluss in der Tasche beschloss er, zu werden, was er als Neunjähriger seinen Eltern angekündigt hatte: Schriftsteller.
Seit zwei Jahrzehnten lebt er davon – und zwar gut, angesichts einer Produktion wie am Fließband. Er habe immer mehr Ideen, als er verwirklichen könne, versichert Peinkofer. Nach dem Freiheitskampf der Schotten hat er sich inzwischen wieder in die Welt der Fantasy begeben. Und obendrein müsse er ein Jugendbuch schreiben. Da fragt man sich, wie Michael Peinkofer auch noch Zeit findet, für das Kaltenberger Ritterturnier zu arbeiten. Die Macher des Mittelalter-Spektakels haben ihn schon 2015 verpflichtet, eine Geschichte zu schreiben. „Ritterherz“galt – wegen der Tiefe und den liebevoll gezeichneten Charakteren – vielen als die bisher emotionalste Show in der Geschichte des Turniers. Kein Wunder, dass er nun erneut um eine Story gebeten wurde. Sie handelt vom Straßenjungen Siggi, der sich nach vielen Abenteuern zum geachteten Ritter Siegfried entwickelt, der nicht nur männlich kämpfen, sondern auch lieben darf. Eine Hörspielfassung hat Peinkofer daraus auch schon gemacht.
Wie bringt er das alles unter einen Hut – das Schreiben, das Recherchieren, die Lesereisen, das Chatten mit seinen Lesern? Disziplin ist alles, erklärt Peinkofer. Seine Tage muss er halt penibel organisieren. „Gott sei Dank“, sagt er, „brauche ich wenig Schlaf.“