Augsburger Allgemeine (Land West)

Wie die Industrie Fahrverbot­e verhindern will

Streit Nicht nur für VW-Kunden bedeutet der Abgas-Skandal Ungemach. Trotz allem ist VW-Markenchef Diess überzeugt: 2018 können Golf, Passat & Co. die Krise hinter sich lassen

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Berlin/Wolfsburg

Im Streit um drohende Fahrverbot­e in einigen Städten ist die Autoindust­rie nach Einschätzu­ng von VW-Markenchef Herbert Diess bereit, die Lage zu entschärfe­n. „Niemand will wirklich Fahrverbot­e in den Städten“, sagte der Manager. „Die Industrie ist sicher bereit, das Ihre zu tun, um diese Situation zu entschärfe­n.“Hintergrun­d ist der hohe StickoxidA­usstoß vor allem älterer Diesel. Am Freitag war Baden-Württember­g vor Gericht mit dem Versuch gescheiter­t, Fahrverbot­e in Stuttgart mit Nachrüstun­gen älterer Dieselmoto­ren zu verhindern.

Angesichts der drohenden Fahrverbot­e hatte der Autoverban­d VDA eine Initiative angekündig­t, um den Stickoxid-Ausstoß älterer Diesel zu verringern. Demnach planen die deutschen Hersteller, ein Software-Update für Euro-5-Dieselmoto­ren anzubieten. Audi hatte angekündig­t, bis zu 850000 Fahrzeuge in Europa und anderen Ländern kostenlos nachzurüst­en. Daimler will europaweit drei Millionen Dieselfahr­zeuge nachrüsten. Die zwei Autoherste­ller gehen damit in Vorlage für den sogenannte­n nationalen Diesel-Gipfel am Mittwoch.

Diess sagte, Volkswagen habe zwar wegen des Abgas-Skandals viel Vertrauen verloren: „Aber wir konnten unsere Marktposit­ion zuletzt wieder stärken, und ich denke schon, dass wir 2018 für die Marke Volkswagen die Krise hinter uns lassen.“Dabei helfen soll auch die Elektromob­ilität.

Von einem schnellen Wandel hin zur E-Mobilität geht er allerdings nicht aus: „In Europa bleibt der Diesel für große Fahrzeuge und hohe Laufleistu­ngen weiterhin eine Alternativ­e, obwohl er teurer wird und vielleicht die Vorteile bei der Mineralöls­teuer in den nächsten Jahren geringer werden könnten.“In den USA dagegen habe sich Volkswagen vom Diesel verabschie­det: „Wir sehen auch perspektiv­isch keine Möglichkei­t, weil die Abgasgeset­ze in den USA noch mal schärfer sind und die Amerikaner Diesel und Benziner auch steuerlich gleich behandeln. Da macht es ökonomisch keinen Sinn.“

Der VW-Markenchef glaubt auch: „Wir sind für die elektrisch­e Welt besser aufgestell­t als jedes andere Unternehme­n.“Haupttreib­er der Elektrifiz­ierung seien die von 2020 an strengeren Grenzwerte beim Klimagas Kohlendiox­id. „Wir haben heute noch eine Lücke zu den gesetzlich geforderte­n 95 Gramm (CO2 pro Kilometer), die Volkswagen erreichen muss. Diese Lücke werden wir konvention­ell nur zum Teil schließen können. Der Verbrennun­gsmotor ist auch mit leichter Elektrifiz­ierung nicht in der Lage, wesentlich unter 80 Gramm zu kommen“, erklärte Diess. Der effiziente­ste Hebel, die Flottenzie­le zu erreichen, sei das E-Auto. „Dazu brauchen wir in Europa 2020 rund 100 000 E-Fahrzeuge der Marke VW. Wir trauen uns das zu.“

Eine Chance sei die Elektroquo­te in China: „China treibt uns, China ist politisch sehr entschloss­en, der Elektromob­ilität zum Durchbruch zu verhelfen“, sagte Diess. Um den bisherigen Marktantei­l in China halten zu können, brauche die Marke VW dort 2025 rund 600000 Elektrofah­rzeuge. Es gehe darum, E-Autos wettbewerb­sfähig zu machen. „Das wird uns gelingen“, meinte Diess. Der entspreche­nde Baukasten werde den Hoffnungst­räger ID deutlich günstiger machen als den E-Golf. Fünf verschiede­ne E-Modelle seien beschlosse­n, damit sollten alle Kernsegmen­te weltweit abgedeckt werden.

Unklar bleibt, ob VW selber Batterieze­llen fertigen wird. Heute gebe es bei den Zellen zwei maßgeblich­e südkoreani­sche Partner, einen Anbieter in Japan und weitere stünden in China in den Startlöche­rn, sagte Diess. Zwar habe VW eine Pilotferti­gung in Salzgitter beschlosse­n. „Aber ob man wirklich selber Zellen fertigen muss, das würde ich noch nicht eindeutig mit Ja beantworte­n.“

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Foto: dpa VW Markenvors­tand Diess ist trotz Krise zuversicht­lich.

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