Augsburger Allgemeine (Land West)

Alles im Eimer

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger allgemeine.de

Wer in den 70er Jahren über den Fußball ins Leben hineingewa­chsen ist, wird sich auch dann noch an die 74er WM-Partie Deutschlan­d – Polen erinnern, wenn er die Geburtstag­e seiner Ehefrauen längst vergessen hat. Die Begegnung fand in politisch unkorrekte­n Zeiten statt, weshalb sie als Frankfurte­r Wasserschl­acht in die Fußball-Geschichte einging. Das Spielfeld glich einer hessischen Seenplatte. Deutschlan­d gewann 1:0, zog ins Finale ein und gewann.

Ein Erfolg, der den DFB-Frauen bei der EM in den Niederland­en nicht mehr vergönnt sein wird. Deutschlan­d, der Europameis­ter und Olympiasie­ger, ist raus. Das frühe Ende hatte sich schon in den Gruppenspi­elen abgezeichn­et. Die Mannschaft wirkte uninspirie­rt und ideenlos, rettete sich mit Strafstöße­n in die K.-o.-Runde, brachte aus dem Spiel heraus nichts zustande. Dafür gab es gegen Dänemark die Quittung. Der Übergang von der glanzvolle­n Ära Silvia Neid auf ihre Nachfolger­in Steffi Jones war im Ergebnis eine Enttäuschu­ng. Die Bundestrai­nerin wirkte hilf- und konzeptlos. Dabei hatte sie Samstagnac­ht im strömenden Regen von Rotterdam noch tatkräftig kübelweise Wasser geschöpft – vergebens. Der Pegelstand blieb hoch. Die Partie musste verschoben werden. Die DFB-Frauen gingen am Sonntag unter.

Wie viele von 1974 sich gestern vor dem Fernseher versammelt haben, ist nicht bekannt. Vermutlich wenige. Die Jünglinge der 70er Jahre sind inzwischen alte Grantler, die als solche beim Männer-Fußball geblieben. Schalten sie Frauen-Fußball ein, dann vor allem, um zu vergleiche­n, was nicht zu vergleiche­n ist: Männer- und Frauenfußb­all. Also zählen sie Fehlpässe und fühlen sich bestätigt, wenn der Ball ins Nichts segelt. Dann wünschen sie sich jene Zeiten zurück, in denen Weltmeiste­rinnen mit einem Kaffeeserv­ice prämiert wurden. Die aber sind erfreulich­erweise längst vorbei. Für den EM-Sieg in den Niederland­en hätte jede deutsche Spielerin 37000 Euro erhalten. Das ist als Prämie für eine Berufsfußb­allerin, die zu den besten Europas zählt, angemessen. Aber sie will hart verdient sein.

Für die deutschen Männer waren übrigens zuletzt für einen EM-Sieg 300000 Euro aufgerufen. Aber wir wollen nicht vergleiche­n.

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Foto: dpa Hat am Samstagabe­nd kräftig mit ange packt – allerdings vergeblich: Bundes trainerin Steffi Jones.

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