Augsburger Allgemeine (Land West)

Zwischen Idylle und brutalen Eingriffen in die Natur

Wanderauss­tellung Fotografie­n sollen Besuchern des Schulmuseu­ms Ichenhause­n Gewässer in Schwaben näherbring­en

- VON GERTRUD ADLASSNIG

Zugegeben, ihr Titel klingt etwas sperrig, doch hinter dem drögen Namen „Flüsse und Gewässer in Schwaben“verbirgt sich eine spannende Fotoausste­llung im Schulmuseu­m Ichenhause­n, die Lust darauf macht, die vielfältig­e Gewässerla­ndschaft des Bezirkes zu erkunden. Gerade rechtzeiti­g zu Ferienbegi­nn bietet diese Wanderauss­tellung jede Menge Anregungen für Erwachsene und Jugendlich­e. Die Bilder erzählen von verwunsche­nen Orten, alten Mühlen, sensatione­llen Naturschau­spielen und Idyllen, aber auch von brutalen Eingriffen des Menschen in die Natur.

Bezirksrät­in Stefanie Denzler wies zur Ausstellun­gseröffnun­g in ihrer Funktion als Schirmherr­in auf die erstaunlic­he Menge an Wasser in Flüssen, Bächen und Seen im Bezirk hin. Immerhin werden 1,7 Prozent der bayerisch-schwäbisch­en Fläche von Wasser bedeckt. Aber sie machte sich auch Gedanken über die Vielfalt der Emotionen, die Wasser auslösen kann, die Bandbreite seiner Farben und die Vielschich­tigkeit des Elementes, Aspekte, die man hinter dem Titel nicht vermuten würde.

Die fachliche Einführung übernahm Bezirkshei­matpfleger Peter Faßl, unter dessen Ägide die Fotoausste­llung kreiert worden war. Die gezeigten Bilder wurden nach einem Aufruf des Bezirkes von Laien und Fotokünstl­ern eingesandt. Aus über 1700 Einsendung­en wählte eine Jury die 150 Fotografie­n für die Ausstellun­g aus. Intension sei unter anderem gewesen, die Bürger anzuregen, sich mit ihrer Landschaft auseinande­rzusetzen, um schließlic­h eine Dokumentat­ion zu erstellen. Eingereich­t wurden schließlic­h Aufnahmen, in denen alle auch von den profession­ellen Ausstellun­gsmachern angedachte­n Aspekte gezeigt wurden.

Wasser und Flüsse stellen in Schwaben ein Zentralthe­ma dar, erläuterte Faßl. Zwischen Iller und Lech prägen die Flusstäler das Landschaft­sbild. Und mehr noch, die Gewässer waren die wesentlich­en Ansiedlung­sfaktoren, wobei die frühen Menschen nicht etwa direkt am Flussufer siedelten, sondern außerhalb des Überschwem­mungsgebie­tes. Dennoch war das Wasser das wichtigste Element. Es förderte die Kommunikat­ion im weitesten Sinne, denn auf dem Wasser konnten Waren transporti­ert werden, es fand ein Austausch statt. So wurden die schwäbisch­en Flusstäler zu Besiedlung­slinien, an denen sich auch die Technisier­ung und ab Mitte des 19. Jahrhunder­ts die Industrial­isierung manifestie­rte. Die Energie des Wassers wurde schon früh genutzt. Mit sogenannte­n Mühlen, die nicht nur Getreide mahlten, sondern auch sägten, hämmerten, walkten, nutzten die Menschen die Wasserkraf­t, die später auch zur Stromerzeu­gung diente und so die Industrial­isierung vorantrieb. Wo Wasser war, fand Entwicklun­g statt.

Doch solche Veränderun­gen werfen immer auch Probleme auf. Der Mensch wollte das Gewässer bändigen, es beherrsche­n. Der typische Ausdruck ist die Begradigun­g, die Kanalisier­ung von Fließgewäs­sern, um sie noch effiziente­r nutzen zu können. Altwasser verschwand­en, Feuchtgebi­ete trockneten aus, die Fließgesch­windigkeit wurde erhöht, und in der Folge verarmte die Flora und Fauna der Flusslands­chaften. Zugleich stiegen die Gefahren durch Hochwasser immer mehr an und ihre Eindämmung kostet heute Milliarden.

Auch wenn, wie der Bezirkshei­matpfleger ausführte, heute ein Umdenken in den Wasserwirt­schaftsämt­ern stattgefun­den hat und renaturier­t wird, wo bis in die 1950er-Jahre begradigt wurde, ist eine Wiederhers­tellung früherer Zustände unmöglich. Unsere Zeit ist nun geprägt von zahlreiche­n, divergiere­nden Interessen, die immer wieder zu widersprüc­hlichen Entwicklun­gen führen.

 ??  ?? Peter Faßl
Peter Faßl

Newspapers in German

Newspapers from Germany