Augsburger Allgemeine (Land West)

Die blaue Diesel-Illusion

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger allgemeine.de

Bei so viel Blau wäre längst Skepsis angebracht gewesen. Denn deutsche Auto-Hersteller haben zum großen Farbtrick gegriffen, um mit aller Macht Diesel-Fahrzeuge anzupreise­n. Ja, sie wollten uns weismachen, die Motoren seien „clean“, also sauber. Dabei scheuten die Konzerne vor psychologi­scher Manipulati­on nicht zurück: Sie haben das Blaue vom Himmel gelogen, um den Diesel reinzuwasc­hen. Sowohl Daimler als auch Volkswagen klebten Modellen der Stickoxid-Schleudern den verharmlos­enden englischen Namenszusa­tz „Blue“an, ob Bluetec oder Bluemotion. Blau, dachte sich sicher mancher Kunde, muss etwas Gutes sein. Schließlic­h steht die Farbe für Klarheit und Reinheit, eben den Himmel und die Weite.

Also unbegrenzt­e Fahrfreude­n mit den Clean Diesels aus Stuttgart und Wolfsburg! Doch, was vielen nicht bewusst sein mag: Blau gilt auch als die Farbe der Täuschung. Welch bittere Ironie steckt darin für viele Käufer, die sich ein solches Diesel-Blue-Modell mit AdBlueHarn­stofftank aufschwatz­en ließen.

Um die Farblehre nicht zu verlassen: Besitzer derartiger Autos erleben nun ihr blaues Wunder. Denn die Fahrzeuge sind weniger wert, weil Konzern-Manager gelogen haben, was den wahren Ausstoß gesundheit­sgefährden­der Stickoxide betrifft. Mit billigen Software-Updates allein ist der Schaden nicht behoben. Die Autokonzer­ne müssen vielmehr 1000 Euro und mehr pro Auto in die Hand nehmen und die Lügen-Autos umbauen. Die Bosse werden sich grün- und blauärgern.

Doch sie haben all das selbst provoziert. Ihre Autos waren weder grün noch blau, sondern derart ausgestatt­et, dass sich in die Irre geführte Käufer heute schwarzärg­ern.

Black Diesel – das wäre der korrekte Werbesloga­n gewesen. Doch Wahrheit verkauft sich schlecht.

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