Augsburger Allgemeine (Land West)
Auf Wiesen mitten im Ort blüht das Leben
Natur Der Markt Meitingen lässt an 23 Stellen den Mäher Pause machen. Der Bund Naturschutz wünscht sich mehr solcher naturnahen Flächen. Die meisten Gartenbesitzer könnten dafür etwas tun
Ein imposanter BlühStreifen säumt jetzt den Parkplatz auf der Schlosswiese. „Das war eine Idee von unserem Bauhofleiter Michael Dollinger“, erklärt der Meitinger Ordnungsamtsleiter Achim Zwick und meint weiter: „Hier kann man was für die Natur tun, weil es keinen Grundstücksnachbarn gibt, der sich beschweren könnte.“Denn ansonsten könne es durchaus problematisch werden, eine Wiese selten oder spät zu mähen. Die Grundstücksnachbarn fühlten sich schnell beeinträchtigt, so Zwick. Bürgermeister Michael Higl bestätigt auf Anfrage, dass Beschwerden über nicht gemähte Wiesen ein Hauptthema bei Ortsteilgesprächen seien. Dennoch: „Wo es möglich ist, lassen wir die Wiesen blühen“, betont Higl.
Der Markt Meitingen habe sogar relativ viele solcher Flächen, nämlich 23 insgesamt und weitere 15 Ausgleichsflächen. Trotz aller Beschwerden hat Higl auch die Erfahrung gemacht, dass es inzwischen „mehr Akzeptanz“für solche Blühwiesen gibt und sie in der Bevölkerung teilweise durchaus als schön empfunden werden. Auch die Meitinger Firma SGL Carbon, die beim neuen Firmenparkplatz große Grünflächen hat, hält deren Umwandlung in Blühwiesen für einen „interessanten Gedanken“, den man gerne prüfen werde. Die Insekten jedenfalls seien dankbar für Wiesen, die selten gemäht werden und auf denen heimische Kräuter und Pflanzen blühen dürfen, bestätigt Lothar Büch, stellvertretender Vorsitzender im Bund Naturschutz, Kreisgruppe Augsburg. Denn die Lage ist brisant: Wissenschaftler berichten inzwischen von einem Insektensterben dramatischen Ausmaßes. In der ARD-Sendung „Kontraste“vom 13. Juli war sogar von einem „Schock für die gesamte Fachwelt“die Rede, weil in den letzten 15 bis 20 Jahren auf den Testflächen 70 bis 80 Prozent der Insekten verschwunden seien. Dabei spielten sie eine ganz wichtige Rolle im Ökosystem als Bestäuber der Pflanzen und als Nahrung für andere Tiere. Doch bestimmte Spritzmittel in der Landwirtschaft, die Neonikotinoide, hätten eine bis zu 7000-mal stärkere Wirkung auf Insekten als das schon lange verbotene DDT.
Deshalb wünscht sich auch die Ortsgruppe Meitingen des Bundes Naturschutz mehr naturnahe Flächen in der Kommune und auch in privaten Gärten. Vorsitzende Gudrun Schmidbaur: „Der Blühstreifen am Schlosswiesen-Parkplatz ist ein wunderbares Beispiel dafür.“Denn ökologisch betrachtet sei es völlig unsinnig, Wiesen ständig zu mähen und damit jedes Blühen unmöglich zu machen. Auch die Lech- und Lechkanaldämme würden leider oft in der Blütezeit gemäht, bedauert Schmidbaur; hier sei ein Umdenken nötig und ein neues Konzept. „Alle sind aufgerufen, etwas zu tun, es ist wirklich höchste Zeit dafür.“Auch im eigenen Garten könne man der Blühwiese einen Platz einräumen. Es mache viel Freude, in einem naturnahen Garten wieder Tiere beobachten zu können, findet Schmidbaur: „Alles ist besser als das Einheitsgrün.“Sie rät dazu, im Garten mit kleinen Bereichen anzufangen und so Akzente zu setzen. Dabei könne man ruhig ein wenig experimentieren, einfach mal was wachsen lassen und vor allem auf heimische Pflanzen setzen. Schmidbaur ist überzeugt: „Die Leute tun sich nichts Gutes mit Pflanzen aus fremden Kulturen oder mit verarmten Vorgärten aus Kies.“Dagegen sei der Duft von Kräutern oder von einem Holunderbaum doch die „pure Freude“und liefere sogar gesundes Gelee oder Saft. Wie aber geht man vor im eigenen Garten? Experten wie Franziska Burlefinger vom Landschaftsbüro Herb raten dazu, Blumen-Saatmischungen zu kaufen, die eigens auf die Region abgestimmt sind (zum Beispiel bei www.rieger-hofmann.de). „Das funktioniert gut“, ist die Erfahrung der Landschaftsplanerin. Natürlich werde eine solche Blühwiese etwas höher und sei irgendwann nicht mehr betretbar. Aber man spare auch Zeit, weil man sie nur einmal im Jahr mähen muss, zum Beispiel mit Freischneider, Balkenmäher oder Sense. Das Mähgut sollte übrigens nicht liegen bleiben, sonst bildet es einen unerwünschten Dünger – zum Schaden der Wildkräuter.