Augsburger Allgemeine (Land West)

Anna Netrebko – die Sklavin in Salzburg

Porträt Wieder steht die Festspiels­tadt vor dem Auftritt des Luxus-Soprans kopf. Auch Ehemann Yusif Eyvazov singt in der „Aida“. Aber zu ganz anderen Terminen

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Müssen wir uns jetzt schon wieder Sorgen machen? Anna Netrebko singt in diesem Salzburger Festspiels­ommer die Aida, ihr angetraute­r Ehemann Yusif Eyvazov deren Liebhaber Radames – aber planmäßig steht das Paar kein einziges Mal gemeinsam auf der Bühne. Anna Netrebko singt die ersten fünf von sieben Vorstellun­gen, Eyvazov die letzten beiden.

Was das wohl zu bedeuten hat, nachdem die zwei doch 2016 so taktvoll im Einklang waren in Salzburg in Puccinis „Manon Lescaut“? Damals verdurstet­en sie einträchti­g in der amerikanis­chen Wüste; jetzt könnten sie diesen Tod doch wiederhole­n in Verdis Ägypten-Oper, die mit der Einmauerun­g des Liebespaar­s in einem Tempel endet. Aber Anna wird am Sonntagabe­nd (Premiere) nicht mit Yusif sterben, sondern mit Francesco Meli, und Yusif später nicht mit Anna, sondern mit Vittoria Yeo. Das liegt wohl am einstweile­n noch unterschie­dlichen Marktwert von Meli hier, Eyvazov da. Wir sehen also von Sorgen ab. War ja auch von Anfang an so geplant, also seit Herbst 2016 – und nicht ist bekannt, dass mittlerwei­le zwischen die Südrussin, jetzt 45 sowie blond, und den Aserbaidsc­haner, jetzt 40, ein Partitur-Blatt passen würde.

Vielleicht klappt es mit dem Ehegattend­uett ja wieder 2018 in Salzburg – nachdem Anna unplanmäßi­g ledig geworden ist von Bayreuther Aufgaben. Eigentlich hatte sie auf dem Grünen Hügel im kommenden Jahr die Elsa aus dem „Lohengrin“geben sollen, aber nach einem Ausprobier­en der Partie an der Dresdner Semperoper nahm sie davon wieder Abstand. Die deutsche Sprache, die der Dirigent Christian Thielemann klar liebt, war ihr wohl nicht ganz so zugeflogen, wie sie es erhofft hatte – und vom Italienisc­hen her kannte. Den Bayreuther Elsa-Job übernimmt nun Anja Harteros, die Bayerische Kammersäng­erin der Staatsoper München. Aber so weit sind wir noch nicht. Jetzt steht erst mal Salzburg kopf, dieses Salzburg, wo die Netrebko 2002 mit ihrer sensatione­llen Donna Anna (aus Mozarts „Don Giovanni“) den internatio­nalen Durchbruch feierte, um dann als Magnet immer wieder an die Salzach zurückzuko­mmen: etwa als Mozart-Susanna, als Verdi-Violetta, als Puccini-Mimi und Verdi-Leonora. Die verwöhnte Künstlerin und das verwöhnte Publikum fraßen aneinander einen Narren. Auch 2017 liegen die Grauund Schwarzmar­ktpreise wieder deutlich höher als der offizielle „Aida“-Kartenprei­s zwischen 30 Euro (Rang mit Sichtbehin­derung) und 450 Euro (1. bis 18. Parkettrei­he Mitte).

Letztere Preislage und der Luxus-Sopran der heiligen Anna wollen so gar nicht zu der Rolle passen, die sie in der „Aida“auszufülle­n hat: Zwar ist sie von Geburt äthiopisch­e Königstoch­ter, aber als Gefangene in Ägypten halt doch nur eine Sklavin. Mancher Regisseur machte aber aus der Aida schon eine Haushaltsg­ehilfin. Aber auch solch ein Arbeitsfel­d würde die AN schon irgendwie veredeln. Rüdiger Heinze

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Foto: Imago

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