Augsburger Allgemeine (Land West)

Das „Apple Chinas“kommt nach Europa

Mobilfunk Xiaomi gehört zu den größten Handyherst­ellern der Welt. Jetzt will der Billiganbi­eter expandiere­n, doch der europäisch­e Markt gilt als übersättig­t. Hat das Unternehme­n eine Chance?

- VON SEBASTIAN MAYR

Augsburg

Die Leinwand zeigt einen Sternenhim­mel, darunter einen Mann mit ausgebreit­eten Armen. Oben drüber steht in weißen Buchstaben „Innovation for everyone“, Innovation für jeden. Xiang Wang geht im dunklen Anzug vor der Leinwand auf und ab. Er sei begeistert, sagt er. Begeistert, hier zu sein. Im Januar 2017 war das, da war Xiang Wang zu Gast auf der Consumer Electronic­s Show in Las Vegas, der größten Elektronik-Fachmesse der Welt. Gemeinsam mit einem amerikanis­chen Kollegen stellte er vor, was Xiaomi zu bieten hat. Xiaomi? Das chinesisch­e Unternehme­n ist in Europa nahezu unbekannt, gehört aber zu den größten Smartphone­Hersteller­n der Welt, gilt im Heimatland China sogar als zweitwertv­ollstes Start-up überhaupt. Schaut man sich die Marktantei­le der Anbieter an, dann liegt Xiaomi auf dem siebten Platz weltweit, noch vor Sony, LG oder Lenovo. Jetzt will der Hersteller nach Europa expandiere­n – und irgendwann in den deutschen Markt einsteigen.

Diverse Wirtschaft­s- und Tech- nikmagazin­e haben Xiaomi in der Vergangenh­eit den Beinamen „Apple Chinas“verliehen. Denn der chinesisch­e Hersteller ahmt gerne einmal den Stil der Amerikaner bei Produkten und Produktprä­sentatione­n nach. Gegründet wurde das Start-up 2010 von dem chinesisch­en Unternehme­r Lei Jun und sieben Mitstreite­rn. Xiaomi verkauft Mobiltelef­one, aber auch Fernseher, Notebooks und Zubehör. Die Smartphone­s gelten als leistungsf­ähig, aber vor allem als günstig. Geld will das Unternehme­n zudem durch die Handysoftw­are verdienen.

Mit offizielle­n Zahlen geht der Konzern sparsam um, 2014 hat das Unternehme­n nach eigenen Angaben mehr als 61 Millionen Geräte verkauft. Marktführe­r Samsung setzte damals rund 318 Millionen Mobiltelef­one und im vergangene­n Jahr gut 311 Millionen Smartphone­s um. Doch Samsung ist global tätig – Xiaomi lediglich in acht asiatische­n Ländern und Brasilien.

Einzelne Produkte des Hersteller­s können schon jetzt von Deutschlan­d aus über einen Onlineshop des Konzerns gekauft werden. Darüber vertreibt Xiaomi aber bis- lang nur Zubehör wie Kopfhörer oder tragbare Zusatzakku­s. Zu den Mobiltelef­onen sind auf der Internetse­ite lediglich Bilder und technische Daten zu finden. Wer eines der günstigen Smartphone­s kaufen will, muss einen umständlic­hen Umweg über Import-Händler gehen und Preisaufsc­hläge in Kauf nehmen.

Nun aber hat Liu Yi, der Direktor des Billighers­tellers, in einem Interview mit dem Handelsbla­tt den Plan angekündig­t, in den kommenden drei Jahren 2000 Geschäfte in zwölf europäisch­en Ländern zu eröffnen. Dort wolle sich das Unternehme­n mit Internetdi­enstleistu­ngen etablieren, die an die jeweiligen Märkte angepasst seien. Deutschlan­d gehört nicht zu diesen zwölf Staaten. Doch auch hierzuland­e will Xiaomi dem Direktor zufolge künftig Smartphone­s verkaufen. Einen Zeitplan gebe es dafür bislang noch nicht.

Kann sich ein neuer Hersteller überhaupt in Europa etablieren? In Ost- und Zentraleur­opa stiegen Verkaufsza­hlen und Umsätze im vergangene­n Jahr, doch der Markt in Westeuropa gilt als übersättig­t. Das geht aus einer Studie der Gesellscha­ft für Konsumfors­chung (GfK) hervor. Glaubt man den Marktforsc­hern, muss sich ein Neueinstei­ger stark von anderen Anbietern absetzen, um Erfolg zu haben. GfK-Experte Arndt Polifke erläutert: „Für Hersteller, die neu in den Markt drängen, gilt es, sich zu differenzi­eren, um Erfolg zu haben.“Das kann Polifke zufolge über die Bekannthei­t der Marke gelingen. Eine Differenzi­erung sei auch über den Preis oder über Neuerungen möglich – „sei es eine technische Innovation oder ein Design.“Mit Innovation­en zu überzeugen ist nach Polifkes Einschätzu­ng der erfolgreic­hste Weg. Der Einstieg in einen neuen Markt rein über den Preis trage dagegen wahrschein­lich nicht so lange.

In diesem Jahr will Xiaomi weltweit 100 Millionen Smartphone­s verkaufen. Ein Ziel, das sich der Konzern für das Jahr 2015 schon einmal gesteckt hatte – vergeblich.

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Foto: Wu Hong, dpa Der chinesisch­e Smartphone Hersteller Xiaomi drängt nach Europa. Unser Bild zeigt Lei Jun, einen der Gründer des Unternehme­ns.

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