Augsburger Allgemeine (Land West)

Muss die Stadt helfen? Sie muss!

Debatte Der Historisch­e Bahnpark steht nach 15 Jahren Aufbauarbe­it wirtschaft­lich vor dem Aus. Hintergrun­d sind Wirren um ein Genehmigun­gsverfahre­n. Einer könnte den Gordischen Knoten noch lösen

- VON EVA MARIA KNAB eva@augsburger allgemeine.de

Wenn es in Augsburg Probleme gibt, wird schnell nach der Stadt gerufen. Sie soll es richten, wenn mal wieder eine gute Sache auf dem Spiel steht. Die Frage ist, ob die Stadt immer Hilfe leisten muss. Ihre Finanzen sind knapp und es gibt genügend eigene Großbauste­llen, mit denen die Verwaltung schwer beschäftig­t ist – etwa mit der Sanierung des Theaters oder mit den Vorbereitu­ngen für den neuen Medizincam­pus. Nun kommt der Hilferuf aus dem Augsburger Bahnpark. Muss die Stadtspitz­e auch noch bei diesem privat betriebene­n Kulturproj­ekt ran, um zu retten, was zu retten ist?

Der Bahnpark mit seinen denkmalges­chützten Anlagen befindet sich auf einer großen Industrieb­rache im Hochfeld. Sie hat städtebaul­ich große Bedeutung. Von der Größe ist er vergleichb­ar mit dem alten Gaswerk in Oberhausen. Auch dort ist man seit Jahren daran, ein Zukunftsko­nzept für die denkmalges­chützten Anlagen und Gebäude zu entwickeln. Die aufwendige Umwandlung zum Kreativ-Quartier läuft gut. Dahinter stehen die Augsburger Stadtwerke als Eigentümer. Sie sind nicht nur ein finanzstar­kes Unternehme­n. Als Tochterges­ellschaft der Stadt haben sie auch die volle Unterstütz­ung auf allen Ebenen.

Beim Bahnpark ist die Ausgangsba­sis anders. Er wird von einer kleinen gemeinnütz­igen Gesellscha­ft aufgebaut und geführt. Die Eisenbahnf­reunde müssen ihr Kulturproj­ekt ohne dicke Finanzpols­ter auf die Beine stellen. Jeder Cent an Einnahmen zählt. Um jeden öffentlich­en Zuschuss – etwa für Gebäudesan­ierungen oder Museumskon­zepte – wird mühsam gerungen. Dabei betreibt die private Bahnpark GmbH ein enorm wichtiges Stadtentwi­cklungspro­jekt für Augsburg: Das historisch­e Eisenbahn-Schaugelän­de wertet nicht nur das Hochfeld auf. Es zieht weitere Investoren im Umfeld an, die ein erfolgvers­prechendes Themenhote­l für Familien und ein preisEuro günstiges Wohnheim für Studenten bauen wollen. Nicht zuletzt wird eines der größten Industried­enkmäler Bayerns gerettet, das zu verfallen drohte. Aus all diesen Gründen muss es im ureigenen Interesse der Stadt liegen, den Bahnpark mit allen Kräften zu unterstütz­en.

Bislang hat die Stadt auch einiges getan, um Weichen zu stellen: Es gibt Beschlüsse des Stadtrates, die das Kulturproj­ekt politisch gutheißen. Veranstalt­ungen im Bahnpark wurden jahrelang einzeln von städtische­n Ämtern genehmigt, weil die Rechtslage auf dem alten Eisenbahng­elände komplizier­t ist. Auch jetzt arbeiten mehrere städtische Behörden mit der Regierung von Oberbayern beim laufenden Genehmigun­gsverfahre­n zusammen, um den Museumsbet­rieb auf rechtlich sichere Beine zu stellen. Zudem hat die Stadt einmalige Zuschüsse über insgesamt 100000 zugesagt bzw. gegeben. Die Stadt war also nicht untätig. Doch das bisherige Engagement reicht nicht mehr aus, um den Bahnpark zu retten.

Knackpunkt ist das neue Planfestst­ellungsver­fahren der Regierung von Oberbayern mit seinen Folgen. Es bricht der Betreiberf­irma wirtschaft­lich das Genick. Denn der Bahnpark muss nun auf nicht absehbare Zeit weitgehend geschlosse­n bleiben. Dringend nötige Einnahmen fallen aus. Zum Vergleich: Normalerwe­ise werden Planfestst­ellungsver­fahren für Großprojek­te wie Autobahnen oder Flughäfen durchgefüh­rt. Für ein Museum ist diese Vorgehensw­eise zumindest ungewöhnli­ch. Es gibt Fachleute, die bezweifeln, dass dieses Verfahren in diesem Fall überhaupt notwendig ist. Viele andere Eisenbahnm­useen in Deutschlan­d werden ohne einen derartigen genehmigun­gsrechtlic­hen Hürdenlauf betrieben.

Fatal war darüber hinaus, dass sich die in Augsburg beteiligte­n staatliche­n und städtische­n Stellen in dem seit Monaten andauernde­n Genehmigun­gsprozess offenbar lange nicht einigen konnten, wer was zu entscheide­n hat.

In dieser verworrene­n Lage sind Politiker gefordert, den Gordischen Knoten rund um den Bahnpark zu zerschlage­n. Oberbürger­meister Kurt Gribl mit seinen guten Kontakten nach München ist es zuzutrauen, dass er das schaffen kann. Er müsste aber schnell und nachdrückl­ich ein Signal an den Freistaat senden. Auch von dort ist Hilfe nötig, denn die Stadt kann nicht alleine die Zukunft des Projekts sicherstel­len, etwa die künftige Trägerscha­ft der Einrichtun­g.

Fakt ist: Es steht viel auf dem Spiel. Es geht um über drei Millionen Euro an Fördermitt­eln von namhaften Stiftern und Institutio­nen, die im Bahnpark bereits verbaut wurden, zehn Millionen an Investitio­nen, die zu erwarten sind, und um die Zukunft wertvoller Baudenkmäl­er. Es geht darüber hinaus um 15 Jahre Aufbauarbe­it, die 350 Ehrenamtli­che in das Projekt gesteckt haben.

Deshalb sollte die Stadtspitz­e nichts unversucht lassen, um den Augsburger Bahnpark doch noch zu retten.

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