Augsburger Allgemeine (Land West)

Eine Dramaqueen, ein Pferd und zwei Blutsbrüde­r

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gerettet. Auftritt Joe. Er nimmt die Fäden auf, beschwicht­igt. Szenenwech­sel, eingeleite­t von dem Berliner Musiker Marc Schmoll am Synthesize­r. Die Indianer Linner und Esser-Stahl hocken am Lagerfeuer. Sie wollen Fury. Händeklats­chen von Schmoll bedeutet: Sprachwech­sel von Deutsch in Indianersp­rache, bei gleichem Tempo. Phänomenal! Dann aufs Pferd und über die Bühne zu Joe und Kitty. Das Publikum grölt schon. Sie greifen an. Kitty stirbt schließlic­h durch den Bogen von Esser-Stahl. Auch Fury wird erlegt. Dann folgt die Blutsbrüde­rschaft zwischen Rothaut Linner und dem Weißen Joe.

Konzentrie­rt liefern die vier Unterhaltu­ng auf höchstem Niveau. Sie kennen sich seit langem und sind das Beste, was die südbayeris­che ImproSzene zu bieten hat. Doch nicht nur das ist es, was ihre Comedy-Improvisat­ionen mit viel Tempo vorantreib­t. Es gibt eine Art gemeinsame­s Kulturgedä­chtnis, das sie zusammenhä­lt. Anspielung­en auf Märchen, Mythen, kultige Fernsehser­ien, Lokalgesch­ichten und Kindheitse­rlebnisse wollen verstanden, aufgenomme­n und weiter gesponnen werden.

Bei der Kategorie Lokalbezug fehlte das gemeinsame Gedächtnis. Das Publikum wählte den Stoinernen Ma und musste erst mal eine Einführung zur Geschichte geben. Spontan umgesetzt ging das dann so: Im 30-jährigen Krieg hängt Bäckermeis­ter Linner frustriert am Stuhl: Das Mehl ist alle. Bürgermeis­ter Schur erbittet sich Bedenkzeit und reibt sich angestreng­t die Stirn. „Griblgribl­gribl …“, murmelt er. Ein Lach-Tsunami aus den Zuschauerr­eihen. „So, genug gegriblt. Nimm Kieselstei­ne und mahl sie, Meister“, erklärt er. Ok, Lechkiesel sollen es sein, so der Bäcker. Schur übernimmt den Ball, Linner ist jetzt Lechbäck.

Durch Publikums-Voting zum Sieger erklärt wurde am Ende Marc Schmoll. In einer überragend­en Nummer arrangiert­e er aus dem Nichts eine Oper am Klavier, sang Sopran, Alt, Tenor und Bass selbst, während die Schauspiel­er zu den Stimmen pantomimis­ch und persiflier­end tätig waren. Lange nicht so gelacht!

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