Augsburger Allgemeine (Land West)
Die zwei Leben des Herrn Giesecke
Porträt Wie der Augsburger vom Tausendsassa des Theaters zum Professor der Mineralogie an der Dubliner Universität wurde
Zu den Augsburgern, die sich in der Fremde einen Namen machten, gehört – wie etwa Bertold Brecht – der am 6. April 1761 geborene Johann Georg Metzler. Am Mittleren Graben zu Hause, besuchte er das Humanistische Gymnasium bei St. Anna. Nach einem abgebrochenen Studium der Jurisprudenz an der Universität Göttingen begann dann sein erstes „richtiges“Leben. Er nahm den Künstlernamen Carl Lud- wig Giesecke an und wurde – so der Augsburger Gerd Ibler in seiner Biografie Gieseckes – zu einem „Tausendsassa der Theaterwelt“.
Bald war er in Wien Schützling des allgewaltigen Theaterprinzipals Emanuel Schikaneder. In der Uraufführung der „Zauberflöte“spielte er den ersten Sklaven und übersetzte die Mozart-Opern „Lenozze de Figaro“und „Cosi fan tutte“ins Deutsche. Bienenfleißig war er: Zwischen 1789 und 1800 schrieb er mindestens 35 Textbücher zu Lust-, Sing- und Schauspielen, zu komischenund Zauberopern, Burlesken und Travestien. Aber warum auch immer: Ab dem Jahre 1800 war Schluss mit lustig und „die Bretter, die die Welt bedeuten“waren für ihn plötzlich völlig unwichtig. Sein zweites Leben begann.
Der Mineralogie – im Selbststudium und durch den sporadischen Besuch universitärer Vorlesungen gebildet – gehört jetzt seine Leidenschaft. Bald wird er durch den Wiener Magistrat als Mineralienhändler zugelassen. In der Fachwelt ist sein Name rasch bekannt. 1806 reist er im Auftrage der Königlich-Dänischen Handelsdirektion nach Grönland. In den sieben Jahren seines Aufenthaltes entdeckt er eine Vielzahl von Gesteinen und Mineralien. Ihm zu Ehren erhält ein Mineral sogar den Namen „Gieseckit“. Noch heute noch sind in Grönland Landschaften – etwa das Giesecke-Gebirge oder der Giesecke-Fjord – nach ihm benannt.
Das Jahr 1814 brachte dann den Höhepunkt dieses autodidaktischen wissenschaftlichen Lebens: Giesecke erhält an der Universität Dublin einen Lehrstuhl für Mineralogie. Mit schwäbischem Fleiß erarbeitet er 29 wissenschaftliche Publikationen. Hoch geachtet und als Professor Sir Charles Lewis Giesecke stirbt er am 5. März 1833. Durch ein Denkmal in der Dubliner St. Georg’s Church wird er weiterhin geehrt. In Augsburg erinnert noch die Gieseckestraße an diesen Sohn der Stadt.