Augsburger Allgemeine (Land West)

Schluss mit dem Bückling vor VW

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger allgemeine.de

Vorauseile­nder Gehorsam schädigt Demokratie­n. Dass Niedersach­sens Ministerpr­äsident Weil seine Regierungs­erklärung vorab VW-Männern zum Lesen gab, ist einer freien Gesellscha­ft unwürdig. Das erinnert an Zeiten konstituti­oneller Monarchien, als sich Minister stets der Gunst des Königs versichert­en. Wer sich wie Weil seine Rede von Auto-Bossen absegnen lässt, macht einen Bückling vor der Macht. Er tut so, als ob die VW-Oberen Potentaten sind.

Selbst wenn sich diese herrschaft­lich gerieren, handelt es sich bei ihnen aber nur um – wenn auch fürstlich bezahlte – Angestellt­e einer Aktiengese­llschaft. Sie sind Mitarbeite­rn, Kunden und Anteilseig­nern verpflicht­et. In letzterem Punkt steckt die Wurzel des Übels: Dass 20 Prozent der VW-Aktien nach wie vor im Besitz Niedersach­sens sind, schafft falsch verstanden­e Loyalitäte­n, ja befördert die Untugend des vorauseile­nden Gehorsams. Der Konzern muss dringend vollständi­g privatisie­rt werden. Wie für eine Demokratie Gewaltente­ilung unverzicht­bar ist, gilt es, eine dicke Linie zwischen Staat und Wirtschaft zu ziehen. Dann können Ministerpr­äsidenten mit Rückgrat gegen Manager auftreten.

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