Augsburger Allgemeine (Land West)
Betrüger bringt 17 Jährigen um seinen Urlaub
Ein 17-Jähriger ist am Freitag wohl Opfer eines Betrugs geworden. Nach Auskunft der Polizei stand er gegen 14.30 Uhr an der Fernbushaltestelle in der Biberbachstraße und wartete auf seinen Bus, mit dem er nach Kroatien fahren wollte. Währenddessen wurde er von einem ihm unbekannten Mann auf Kroatisch angesprochen. Dieser gaukelte eine Notlage vor: Er habe einen platten Reifen an seinem Auto und benötige Geld, um neue Reifen zu kaufen. Er bat den 17-Jährigen, ihm Geld zu leihen. Der 17-Jährige würde es später vom Busfahrer des Fernbusses wieder zurückerhalten, da dieser mit ihm bekannt sei. Der 17-Jährige glaubte dem Unbekannten und händigte ihm Geld im dreistelligen Eurobereich aus. Der unbekannte Mann ging daraufhin davon. Als der Fernbus eintraf, sprach der Geschädigte den Busfahrer auf den Vorfall an und dieser gab an, den unbekannten Mann nicht zu kennen. Der 17-Jährige konnte daraufhin seine Urlaubsreise nicht mehr antreten, da er um sein Geld gebracht worden war. Über den unbekannten Betrüger ist nach Angaben der Polizei bekannt, dass er etwa 50 Jahre alt und dick war. Er soll eine schwarze Jeans und ein hellblaues Hemd getragen haben und war vermutlich Kroate. Die Polizei bittet unter der Nummer 0821/323-2510 um Hinweise zu dem unbekannten Mann.
Wie können sich Betroffene schützen?
Es sagen viele, sie würden da nie drauf reinfallen, sie seien ja nicht dumm. Die Täter sind aber auch nicht dumm. Wenn man jemanden im Urlaub näher kennenlernt, sollte man vor allem vage Aussagen auf ihren Wahrheitsgehalt überprüfen. Man kann ja mal sagen: Lad’ mich doch mal ein nach Hause, oder zeige mir, wo du arbeitest. Oft kommt dann die Aussage: „Du ver-
Bakiner:
traust mir nicht“. Davon sollte man sich nicht einschüchtern lassen. Die Täter operieren auf emotionaler Ebene, nicht auf Sachebene. Man sollte Fragen, die jemand am Anfang beantwortet hat, später noch mal erneut stellen – nur auf andere Art. Wenn die Antwort dann eine andere ist, wird gelogen.
Um wie viel Geld geht es?
Das ist unterschiedlich, aber es kann sehr viel werden. Ich hatte den Fall einer Klientin, die mit sehr viel Aufwand um 500 000 Euro gebracht wurde. Das hat angefangen an einer Bar eines Fünf-Sterne-Hotels, in dem sie jedes Jahr war. Der Barkeeper hat seine Informationen über die Frau an einen „Loverboy“gegeben. Der hatte über vermeintli-
Bakiner:
che Gemeinsamkeiten einen Einstieg ins Gespräch.
In welchen Ländern muss man aus Ihrer Sicht aufpassen?
Zum Beispiel in Tunesien und Ägypten, aber auch in Griechenland und der Türkei – oder in karibischen Ländern wie Kuba und der Dominikanischen Republik.
Bakiner:
Wie kommen Sie da ins Spiel?
Die Opfer gehen aus Scham selten zur Polizei. Bei wohlhabenden Leuten ist der finanzielle Verlust auch oft verkraftbar. Die Leute stellen dann keine Strafanzeige – wollen aber wissen, wer hinter dem Loverboy steht, wer der Mensch in Wirklichkeit war. Und dann kommen sie auf mich zu.
Bakiner:
Und wer sind die Liebesschwindler hinter der Fassade?
Zum Beispiel verheiratete Männer, die ihrer Familie vorgaukeln, sie seien Handelsvertreter oder in einem internationalen Unternehmen tätig. So war es auch im Fall der Klientin, die um 500000 Euro betrogen wurde. Als ich den Mann ausfindig machte, war seine Ehefrau schockiert, als sie erfuhr, wie er wirklich an sein Geld kommt.
Bakiner:
Bekam die Frau letztlich ihr Geld zurück?
Bakiner:
In dem Fall haben wir zumindest die Hälfte der 500000 Euro gerettet. Um alles wiederzubekommen, hätte die Frau, die mich beauftragt hatte, klagen müssen. Und die Öffentlichkeit wollte sie nicht. Klingt so, als würden Sie allen gründlich davon abraten, sich im Urlaub zu verlieben.
Man kann sich verlieben. Aber man muss mit gesundem Menschenverstand in den Urlaub fahren und überprüfen, was eine Bekanntschaft dort erzählt. Wenn einer schon nach zwei Tagen „Ich liebe dich“sagt, muss man wissen: Der Mann ist ein Profi. Das sagt er zu jeder.
Bakiner:
Interview: Jan Kandzora
Tamer Bakiner
ist 45 Jahre alt und betreibt in Augs burg eine Detektei. Er ist Autor des Buches „Der Wahrheitsjäger“.