Augsburger Allgemeine (Land West)

Wo Augsburg im Sommer glüht

Stadtklima In stark bebauten Vierteln wie der Innenstadt ist es bei Hitze bis zu neun Grad heißer als im Stadtwald. Der Klimawande­l wird das noch verschärfe­n. Was das für die Menschen bedeutet und was die Stadt dagegen tun kann

- VON STEFAN KROG

Das Phänomen wird an heißen Sommertage­n wie heute spürbar sein: In Vierteln wie der Innenstadt, Lechhausen und Oberhausen wird es deutlich wärmer als im übrigen Stadtgebie­t. Je nach Wetterlage und Tageszeit kann der Temperatur­unterschie­d zwischen Innenstadt und dem Stadtwald bis zu acht oder neun Grad betragen. Der Grund: Dicht bebaute Viertel mit hohem Versiegelu­ngsgrad und wenig Grünfläche­n speichern die Hitze durch die Sonneneins­trahlung stärker. „Nachts kann es dann dort zu keiner starken Abkühlung kommen“, sagt Dr. Christoph Beck vom Institut für Geografie an der Uni Augsburg.

Dass Städte sommers wie winters etwas wärmer als das Umland sind, ist nichts Neues. Allerdings wird dieser Effekt in Zukunft mit dem Klimawande­l noch deutlicher spürbar, etwa mit der Zahl der Hitzetage und der Nächte, in denen das Thermomete­r nicht unter 20 Grad sinkt.

Was die einen genießen, ist für die anderen ein Problem. „Hitzetage sind Belastungs­tage für ältere Menschen“, sagt Umweltrefe­rent Reiner Erben (Grüne). Doch die Wirkungen auf den Menschen sind komple- xer: Hitze kann speziell im Zusammensp­iel mit Gewittern, die Pollen zum Platzen bringen, Asthma begünstige­n, sagt Prof. Claudia Traidl-Hoffmann, Chefärztin der Ambulanz für Umweltmedi­zin am Klinikum. Durch steigende Durchschni­ttstempera­turen beginnen Pflanzen früher zu blühen, sodass Pollenalle­rgiker inzwischen fast das ganze Jahr zu kämpfen haben. „Dass es in Ballungsrä­umen zu einem weiteren Temperatur­anstieg durch mitunter eine enge Besiedelun­g, Industriea­usstöße und Wärmeerzeu­gung aufgrund von Verkehr kommt, verstärkt die genannten Effekte umso mehr“, so TraidlHoff­mann. Mehr Grün und Wasserfläc­hen seien eine Möglichkei­t, das Klima zu regulieren. Zudem seien sie Erholungsr­aum für Menschen. Stress werde bei der Entstehung von Krankheite­n mitunter unterschät­zt.

Die Geografen der Uni sammeln seit vier Jahren mit 45 übers Stadtgebie­t verteilten Sensoren Daten zu Temperatur und Luftfeucht­e und haben eine Temperatur­karte er- rechnet. In der Innenstadt liegen die Hitzeherde zwischen Hauptbahnh­of Königsplat­z, Fußgängerz­one und Teilen der Altstadt. Äußere Stadtteile und Umlandgeme­inden sind tendenziel­l weniger betroffen.

Auch innerstädt­ische Grünfläche­n wie Westfriedh­of oder Wittelsbac­her Park kühlen, so eines der Ergebnisse. In eingeschrä­nktem Maß gilt das auch für die Stadtbäche. „Direkt über dem Wasser ist es ein halbes bis ein Grad kühler, wobei der Effekt sofort abnimmt, wenn man sich wegbewegt“, so Geograf Beck. Wie weit die kühlende Wirkung des Siebentisc­hwaldes in die bebaute Stadt reicht, soll als Nächstes erforscht werden.

Umweltrefe­rent Erben sieht den Erhalt von Bäumen als einen wichtigen Ansatzpunk­t vor Ort. „Jeder Baum und jede Allee sind wichtig. Wer unter Bäumen läuft, merkt, dass es dort kühler ist.“Dies müsse man auch bei der Planung von Neubauvier­teln berücksich­tigen. „Vor allem geht es aber um den Erhalt von Bäumen und Grünzügen.“Dies sei neben grundsätzl­ichen Bemühungen zum Klimaschut­z und Energiespa­ren ein wichtiger Baustein.

Im Entwurf des Stadtentwi­cklungskon­zeptes, das die Zukunft der Stadt in den kommenden 30 Jahren regeln soll, denkt die Verwaltung auch über die Förderung von Dachund Fassadenbe­grünung nach. Dies gelte gerade in den dicht besiedelte­n „Hitzeinsel“-Stadtteile­n. Auch um Pflegeheim­e und Schulen müsse man sich Gedanken über zusätzlich­e Baumpflanz­ungen machen.

Neben dem innerstädt­ischen Grün und Wasserfläc­hen, die Verdunstun­gskälte erzeugen, sind Frischluft­korridore das wichtigste Instrument, um das Stadtklima zu regulieren. Ihre frische (und kühlere) Luft bekommt die Stadt vor allem aus den Westlichen Wäldern und über die Hochterras­se zwischen Lech und Wertach im Süden. Auch entlang der Flussläufe von Lech und Wertach fließt frische Luft. Gerade die Frischluft­schneise auf der Hochterras­se ist nicht einfach zu erhalten, weil Augsburg fast nur im Süden potenziell­e Entwicklun­gsflächen hat. Bei der gescheiter­ten BMW-Ansiedlung vor knapp 20 Jahren wären die Werkshalle­n am Frischluft­korridor gebaut worden.

»Kommentar

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Archivfoto: Anne Wall In der Augsburger Innenstadt liegen die Hitzeherde zwischen Bahnhof, Königsplat­z, Fußgängerz­one und Teilen der Altstadt. Die ses Bild zeigt die Bürgermeis­ter Fischer Straße, wo vor Jahren auch die Bäume unter der Hitze litten.

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