Augsburger Allgemeine (Land West)

Berührende Enthüllung

Birgit Vanderbeke über Leid und Zeit

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„Es gibt nur einen einzigen Menschen, der auf Sie aufpassen kann. Das sind Sie. Sonst niemand.“So fängt es an, dieses vermeintli­ch kleine Buch, ganz persönlich, eindringli­ch, gesprochen aus den bitteren Erfahrunge­n eines Mädchens, die sich darin zwar sehr poetisch, aber dennoch nicht minder erschütter­nd entfalten werden. Und schon bald darauf folgt der zweite Appell, diesmal vermittelt von ihrem Onkel, der in den Zweiten Weltkrieg gezogen ist, weil er die Regel selbst nicht beherzigt hat: „Er sagte, immer ganz genau hinschauen, hörst du?“

Es geht also um das Leid einer Einzelnen und um die Leiden der Welt in Birgit Vanderbeke­s neuem Roman „Wer dann noch lachen kann“. Mit dem setzt sie den sehr persönlich­en Zyklus fort, der vor gut einem Jahr mit „Ich freue mich, dass ich geboren bin“begonnen hat. Und sie tut es auf berührende und befreiende Art: Weil familiäre Grausamkei­ten wie in Erinnerung­sschichten aus der kindlichen Erinnerung freigelegt werden; weil die Gratwander­ung einer Verbindung zwischen persönlich­en Untiefen und den Abgründen der Welt durch die unmittelba­re Stimme der Menschlich­keit gelingt; und weil klar wird, wie sehr auch das vermeintli­ch Vergangene fortwirkt, denn alles Leid bleibt, bis wir uns seiner Gegenwart stellen. Vanderbeke­s rückblicke­ndes Ich erlebt gerade dadurch eine magische Heilung – uns gibt sie damit die Verantwort­ung für uns selbst und für das Leid, das uns begegnet ins Herz.

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Piper, 160 S., 18 ¤ Birgit Vanderbe ke: Wer dann noch lachen kann

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