Augsburger Allgemeine (Land West)
Einer, der leidenschaftlich für den Zusammenhalt eintritt
Friedenspreisträger Warum die Stadt Augsburg im Reformationsjahr den Generalsekretär des Lutherischen Weltbunds, Martin Junge, ehrt Kommentar
Sein Vorgänger Ishmael Noko hatte 1999 in Augsburg die Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre mit unterzeichnet. Den jetzigen Generalsekretär des Lutherischen Weltbundes (LWB), Martin Junge, zeichnet die Stadt nun mit ihrem Preis Augsburger Friedensfest 2017 aus. Denn ihm sei nicht nur die historische Versöhnung der Lutheraner mit den Mennoniten (Täufern) gelungen, sondern auch die ökumenische Feier zur Eröffnung des 500. Reformationsjubiläums mit Papst Franziskus im schwedischen Lund. So begründete der evangelische Regionalbischof Michael Grabow gestern im Goldenen Saal die Vergabe der mit 12500 Euro dotierten Auszeichnung für besonderes Engagement um die Verständigung der Konfessionen und Religionen.
„Martin Junge tritt leidenschaftlich ein für eine Welt, in der das Miteinander gefördert, das Verbin- dende stark gemacht und der Zusammenhalt gesucht wird“, betonte Grabow. Gewürdigt werde sein Einsatz für die Versöhnung scheinbar unversöhnlicher Gegensätze, für die Eröffnung und Weiterführung innerund interkonfessioneller Dialoge mit dem Ziel, nicht getrennt zu tun, was man gemeinsam tun kann.
Oberbürgermeister Kurt Gribl nannte den Preisträger einen „geduldigen Brückenbauer zwischen den Kontinenten“. Mit dem Friedenspreis fordere Augsburg weltweit alle Menschen auf, sich ebenfalls zu Toleranz und Respekt, zu Achtung der Würde des Menschen und zu Religionsfreiheit zu bekennen.
Martin Junge wurde 1961 als Kind einer österreichischen Mutter und eines chilenischen Vaters gebo- ren. Er wuchs in Chile auf, studierte in Europa und wurde 1989 zum Pfarrer der Evangelischen Kirche Chiles ordiniert. Deren Präsident war er von 1996 bis 2000, ehe er zum LWB nach Genf kam und dort 2010 Generalsekretär wurde.
Verbinden und versöhnen stehe über seiner Amtszeit, meinte Grabow. Im LWB, der rund 75 Millionen lutherische Christen in 98 Ländern repräsentiert, gehöre es zu Junges Daueraufgabe, die zahlreichen Spannungen und teils heftigen Zerreißproben zu bestehen. Immer wieder musste er vermittelnd wirken, was die unterschiedliche Beurteilung der Homosexualität betrifft und ob die Kirche gleichgeschlechtliche Paare segnen dürfe. Auch die Beteiligung von Frauen am geistlichen Amt wird kontrovers diskutiert unter den Lutheranern.
„Wie sehr Martin Junge als beständiger Kommunikator geschätzt ist, zeigt sich auch darin, dass der Rat des Lutherischen Weltbundes im Juni 2016 einstimmig sein Mandat für eine zweite siebenjährige Amtszeit verlängerte“, sagte Grabow. In einer Videobotschaft nannte Junge den Friedenspreis eine großartige Ermutigung, an seiner Arbeit, das Auseinanderstrebende zusammenzuführen, festzuhalten. Verliehen wird ihm der Preis am 21. Oktober. Sein Laudator wird der Generalsekretär der Mennonitischen Weltkonferenz, César Garcia, sein.
Im Festgottesdienst in St. Anna äußerte sich zuvor der ÖkumeneReferent des Erzbistums Bamberg, Wolfgang Klausnitzer, zuversichtlich, dass die Kirche „eine Gestalt und ein Bekenntnis der christlichen Gemeinschaft“finden werden. Dies sei ihnen schließlich schon bei der jahrhundertelang umstrittenen Lehre über Jesus Christus gelungen. Im gegenseitigen Beschenken und Empfangen „wäre dies in der Tat ein christliches Zeugnis hinein in die vielen Zerrissenheiten dieser Welt und unserer Gesellschaft“.