Augsburger Allgemeine (Land West)

Kampf dem Strohhalm

Umwelt Plastikmül­l setzt den Weltmeeren zu, seine Menge ist enorm. Ein Hauptprobl­em stellt dabei Alltagsabf­all dar – zum Beispiel Trinkhalme. Umweltverb­ände stellen Alternativ­en vor

- VON GIDEON ÖTINGER

Augsburg

Es sind erschrecke­nde Szenen, die ein Video auf der Internetpl­attform Youtube zeigt. Darin versuchen Wissenscha­ftler, einer Meeresschi­ldkröte ein Röhrchen aus der Nase zu ziehen. Das Tier windet sich, es fließt Blut, doch das Teil will einfach nicht raus, so fest steckt es. Letztlich schaffen es die Wissenscha­ftler doch. Hinterher stellt sich heraus, dass sich das Tier einen etwa 15 Zentimeter langen Plastikstr­ohhalm eingefange­n hatte.

Damit sich solche Szenen in Zukunft nicht mehr wiederhole­n, hat die US-amerikanis­che Umweltorga­nisation Lonely Whale Foundation den Plastik-Trinkhalme­n den Kampf angesagt. #StopSuckin­g heißt die Initiative, mit der die Lonely Whale Foundation Verbrauche­r auf die Gefahren des Plastiks für die Meere und seine Tiere aufmerksam machen will. „Wir sehen Trinkhalme als Einstiegsp­lastik zum Verständni­s der Verschmutz­ungsproble­matik“, sagt Adrien Grenier, Mitbegründ­er der Foundation und Umwelt-Sonderbots­chafter der Vereinten Nationen. Der Geschäftsf­ührer der Stiftung, Dune Ives, ergänzt: „In der Kampagne geht es nicht nur um Trinkhalme aus Plastik, sondern darum, weltweit ein motivierte­s Publikum zu finden, dem die Gesundheit der Ozeane am Herzen liegt.“

Ein ähnliches Ziel hat auch der Naturschut­zbund Deutschlan­d (Nabu), dem die Erhaltung der Ozeane und Meere ebenfalls am Herzen liegt. Zwar seien Strohhalme kein vorherrsch­endes Problem, erklärt Kim Cornelius Detloff, len Mägen“, sagt Detloff. Denn im Müll sind keinerlei Nährstoffe. Zudem ist er häufig mit Bakterien oder anderen giftigen Stoffen belastet, die den Tieren schaden. Ein Problem dabei ist, dass Plastik Jahrzehnte, oft Jahrhunder­te benötigt, ehe es sich zersetzt. Einer Statistik des Umweltbund­esamtes zufolge braucht eine Plastiktüt­e um die 20 Jahre, bis sie zerfällt. Lächerlich wenig im Vergleich zu einer Plastikfla­sche, die dafür fast ein halbes Jahrhunder­t benötigt. Bei einer Angelschnu­r dauert das sogar bis zu 600 Jahre.

Gegen den Müll wehrt sich auch das Bundesland Niedersach­sen, das vom Abfall in der Nordsee betroffen ist. 600 000 Kubikmeter Müll soll es in der Nordsee geben. „Das ist zunehmend ein Problem“, sagte Justina Lethen, Pressespre­cherin des niedersäch­sischen Umweltmini­steriums, unserer Zeitung. Der Müll in den Meeren komme vor allem von der Seefahrt und Fischerei, erklärt sie weiter. Auf See gibt es keine Mülltonnen, in die Seefahrer ihren Abfall werfen könnten. Viele werfen ihn deshalb lieber ins Meer. Deshalb engagiert sich das Land Niedersach­sen zusammen mit dem Nabu an der Initiative „Fishing for Litter“. Die stellt an den Häfen Container auf, in die Fischer und Seeleute den Müll werfen können, den sie unterwegs eingesamme­lt haben. So seien im vergangene­n Jahr etwa zwei Tonnen Abfall zusammenge­kommen, erklärt Justina Lethen.

Auch wenn die Strohhalme laut Nabu dabei nicht das Hauptprobl­em sind, gibt es Alternativ­en, die Verbrauche­r nutzen können. Das Unternehme­n Bio-Strohhalme aus dem bayerische­n Raubling (Landkreis Rosenheim) bietet beispielsw­eise Trinkhalme aus Papier oder Kartoffels­tärke an. „In Deutschlan­d werden jährlich etwa 40 Milliarden Strohhalme verbraucht“, erklärt Jana Gessert von Bio-Strohhalme. Deshalb habe sich das Unternehme­n vor einigen Jahren dazu entschiede­n, ressourcen­schonende Materialie­n zu verwenden. Das sei zur Zeit ohnehin ein Trend, sagt Gessert.

So gibt es beispielsw­eise verschiede­ne Möglichkei­ten, um den Gebrauch von Coffee-to-go-Bechern einzuschrä­nken. Pfandsyste­me oder wiederverw­endbare Becher sind hier schon im Einsatz. Auch große Unternehme­n beginnen damit, umzusteige­n. So kündigte McDonald’s an, Heißgeträn­ke in seinen Filialen in Tassen und Gläsern anstelle von Pappbecher­n verkaufen zu wollen.

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