Augsburger Allgemeine (Land West)

Bayerns Bäume im Blick

Inventur 29 Förster untersuche­n derzeit den Zustand der Wälder im Freistaat. Warme Sommer haben den Bestand erheblich geschwächt. Ob es künftig besser wird, ist fraglich

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Wildpoldsr­ied

Zuerst ist das Gebüsch zu dicht und der Himmel zu schattig. Die Förster Alexandra Wauer und Franz Etschmann klettern weiter über den hügeligen Moosboden in einem Wald im Allgäu bei Wildpoldsr­ied – dann haben sie endlich gute Sicht auf den ersten Baum.

„Es gibt erste Ansätze von Auflichtun­gen und kleinere Löcher – die Baumkrone ist nicht mehr so dicht wie bei einer gesunden Buche“, sagt Etschmann nach der Begutachtu­ng. Damit ist die Buche relativ glimpflich davongekom­men, vielen Bäumen in Bayerns Wäldern ging es zuletzt noch schlechter. Wauer leitet die Inventur für die jährliche Waldzustan­dserhebung in Bayern. Derzeit prüft sie mit 29 Förstern, ob sich die Bäume vom Hitzesomme­r 2015 erholt haben. An mehr als 250 Punkten quer durch Bayerns Wälder protokolli­eren die Förster den Nadel- oder Blattverlu­st von jeweils mindestens 24 Bäumen. Die Ergebnisse werden im Herbst dem Landtag vorgestell­t.

Die steigenden Temperatur­en setzen vielen Waldbäumen zu, warnt der Bund Naturschut­z in Bayern. An die Klimaerwär­mung und mehr Extremerei­gnisse sind sie nicht angepasst, etwa die in Franken vorherrsch­enden Kiefern und Fich- ten, die an ein kühles Klima gewöhnt sind. Die Fichte – mit 44 Prozent die häufigste Baumart in Bayerns Wäldern – ist ein Flachwurzl­er und reicht damit nicht ans Grundwasse­r. Sickert nicht genügend Wasser in die oberen Bodenschic­hten, bekommt sie nicht ausreichen­d verloren haben, nach Auskunft des Landwirtsc­haftsminis­teriums bayernweit bei 31,9 Prozent. Das waren 7,6 Prozent mehr als im Vorjahr.

„Warm-trockene Jahre wie 2003 oder 2015 sind Vorboten auf das, was uns im Klimawande­l vermehrt erwarten könnte“, sagt Wolfgang Falk von der Bayerische­n Landesanst­alt für Wald und Forstwirts­chaft (LWF). Wird es wärmer, können sich Schädlinge besser verbreiten. Die LWF warnt vor einer Massenverm­ehrung des Borkenkäfe­rs. Die Insekten ernähren sich von der Rindenfase­r und durchtrenn­en so die Saftbahn des Baumes. Auch der Eichenproz­essionsspi­nner und die Mistel könnten zu größeren Problemen für die Bäume werden. Die Raupe des Eichenproz­essionsspi­nners frisst die Blätter kahl. Die Mistel ist ein Halbschmar­otzer, der sich von seinem Wirt ernährt. „Gibt es in den nächsten Jahren weiter warme Sommer, könnten die sich gut vermehren“, sagt Wauer.

Laut Falk kann man den Wäldern Gutes tun, um sie auf Veränderun­gen vorzuberei­ten. Gut wäre ein langsamer Wandel weg von Nadelholzf­orsten hin zu Mischwälde­rn. Nach Meinung von Landwirtsc­haftsminis­ter Helmut Brunner (CSU) müssten 260000 Hektar Wald in Bayern mit klimatoler­anten Baumarten angereiche­rt werden. Auf mindestens 50000 Hektar sei das schon gelungen. Ziel ist es also, in die Wälder Baumarten zu mischen, die besser mit einem wärmeren Klima umgehen können. Dazu gehören die Buche oder die Eiche – allerdings seien die Baumempfeh­lungen von Region zu Region unterschie­dlich, sagt Falk. Die Forstverwa­ltung berät Waldbesitz­er bei der Anpassung ihrer Wälder an den Klimawande­l, unter anderem mit Anbau-Risikokart­en im Internet. Vielleicht können dann künftig auch Förster wie Wauer und Etschmann den Blick wieder häufiger auf gesunde Baumkronen richten.

Lisa Forster, dpa

 ?? Foto: Karl Josef Hildenbran­d, dpa ?? Die Förster Alexandra Wauer (links) und Franz Etschmann inspiziere­n in einem Wald bei Wildpoldsr­ied Baumkronen. Wauer leitet die Inventur für die jährliche Waldzu standserhe­bung in Bayern.
Foto: Karl Josef Hildenbran­d, dpa Die Förster Alexandra Wauer (links) und Franz Etschmann inspiziere­n in einem Wald bei Wildpoldsr­ied Baumkronen. Wauer leitet die Inventur für die jährliche Waldzu standserhe­bung in Bayern.

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