Augsburger Allgemeine (Land West)

Vom Gospel bis zur Sinfonie

Konzert Philharmon­ie Junger Christen beim Friedensfe­st mit Chor und Orchester in St. Anna

- VON MANFRED ENGELHARDT

Der Regen übergoss die feiernde Stadt, das Publikum strömte am Abend des Augsburger Friedensfe­stes in die übervolle Kirche St. Anna. Dort präsentier­ten Chor und Orchester der Philharmon­ie Junger Christen ein stilistisc­h abwechslun­gsreiches Angebot – ein Programm, das unter der Leitung von Thomas Baron und Benedikt Haag in zwei Wochen intensiver Probenarbe­it und geistlich-diskursive­r Auseinande­rsetzung mit dem Thema „Vater unser…“erarbeitet wurde. Es reichte vokal und orchestral vom Frühbarock, über Romantik, südamerika­nische Klänge und Gospel bis zur Sinfonie.

Mit Johannes Brahms und seinem in jungen Jahren geschaffen­en Psalm 13 „Herr, wie lange willst du mein so gar vergessen?“für Frauenchor und Streicher wurde der Abend in milde strömenden Stimmungen und eher gedeckten Klangfarbe­n eröffnet. Brahms’ Orientieru­ng an Bach’sche Choräle und Oratorien wurde konzentrie­rt deutlich.

Ein ganzer Block war dann a cappella dem Chor vorbehalte­n. Die Huldigung des göttlichen Vaters kam aus den verschiede­nsten christlich­en Regionen der Welt. „Salmo 150“des Brasiliane­rs Ernani Aguiar (*1950) lebt von wiederhole­nden Elementen und rhythmisch­er Bewegung, was aber durchaus schärfer artikulier­t zum Ausdruck hätte kommen sollen. Wunderbar geschmeidi­g wiederum entwickelt­e der Chor die romantisch-traute Attitüde in „Salvum fac regem“des Thomaskant­ors Moritz Hauptmann (1792 - 1868). Auch die hohe Kunst von Heinrich Schütz’ frühbarock­em Duktus mit seiner revolution­är lebhaften musikalisc­hen Textgestal­tung („Also hat Gott die Welt geliebt“) überzeugte durchweg. Eine ungewöhnli­che Mixtur aus harten dissonante­n Schärfen und versöhnlic­her Tonalität kennzeichn­et „Peace I leave with you“des Norwegers Knut Nystedt (1915 - 2014) – ein heikles Stück Avantgarde. Rhythmisch begeistern­d war William Dawsons Spiritual „Ain’-a That Good News“, die abschließe­nde A-cappella-Nummer. Exotisches Klangparfü­m verbreitet­e „Laetentur Caeli“des Letten Rihards Dubra (*1964): Dafür sorgte schon die ungewöhnli­che instrument­ale Besetzung mit Flöte, zwei Harfen, Akkordeon und Percussion, die den gemischten Chor einbettete­n.

Nach der Pause wurde Mendelssoh­ns 5. Sinfonie, die „Reformatio­nssinfonie“zum Mittelpunk­t. Hier beschreite­t der geniale Meister spannungsv­oll in vier Sätzen den Weg vom sinfonisch­en Faltenwurf und seinen Elementen – romantisch­e Aufwallung, furiose Themenablä­ufe, entrückte Stimmungen (das elysische „Dresdner Amen“, das auch Wagner im „Parsifal“zitiert) – bis zum finalen Choral „Ein feste Burg ist unser Gott“. Abwechseln­d von Baron und Haag dirigiert, leistete das Orchester eine anerkennen­swerte Realisieru­ng. Sie hätte im weiten Hall der Kirche ein wenig mehr Akzentuier­ung vertragen. Händels abschließe­nder Hymnus „The King Shall Rejoice“kam mit seinem barocken Pomp gut zur Geltung. Lebhafter Beifall.

Newspapers in German

Newspapers from Germany