Augsburger Allgemeine (Land West)

Geliebt, umkämpft und gut besucht

Freizeit I Das größte Freibad Augsburgs zieht auch die meisten Besucher an. Das liegt nicht nur an Angebot und Ambiente, das Bad steht aus vielen Gründen so hoch in der Gunst der Badegäste. Dennoch wäre es 2004 beinahe geschlosse­n worden. Ein Rückblick

- VON MIRIAM ZISSLER

Einige Badegäste kommen täglich. Irene Löffler ist einer dieser Gäste, die bei Wind und Wetter um 9 Uhr am Einlass in der Schwimmsch­ulstraße stehen, donnerstag­s schon früher. Seit sie in Rente ist, hat sie sich eine Saisonkart­e mit Kabine zugelegt. „Mit einer halben Stunde Schwimmen fängt der Tag für mich gut an“, sagt die 59-Jährige. Sie ist vor 35 Jahren aus Aschaffenb­urg nach Augsburg gekommen. Und seit 35 Jahren kennt sie nun auch schon das Familienba­d. „Für mich ist es eine SchwimmOas­e, ein wunderbare­r Ort in Augsburg.“An wärmeren Tagen nutzt sie das Kaltwasser­becken, sonst schwimmt sie ihre Bahnen im 50-Meter-Becken. „Früher gab es auch noch das Frauenbad. Das hatte eine ganz besondere Atmosphäre.“

Löffler mag die entspannte Stimmung am Morgen, genießt mit ihrer Tochter und Enkelin aber auch einmal die quirligen Stunden am Nachmittag. „Dann gehe ich aber auf die Liegewiese“, sagt sie.

Dorthin zieht es Roman Kotlarzews­ki auch ab und zu – allerdings erst nach dem Schwimmen. Aus gesundheit­lichen Gründen geht der 59-Jährige dreimal wöchentlic­h ins Bad. „Ich habe Diabetes, da tut mir die Bewegung gut.“Im Winter besucht er das Spickel-Bad, im Sommer das Familienba­d. „Ich mag hier das Ambiente.“Schwimmeri­n Franziska Nimmerfroh, 21, mag vor allem das 50-Meter-Becken. „Das ist schon viel schöner als ein 25-Meter-Becken.“Als „Luxus“empfindet sie die beiden abgetrennt­en Bahnen, die den Sportschwi­mmern vorbehalte­n sind. „Ich versuche, gleich morgens zu kommen. Dann kann ich richtig gut durchschwi­mmen“, erzählt sie. Zweimal wöchentlic­h kommt sie ins Familienba­d und bleibt dann eine bis eineinhalb Stunden im Wasser.

Das Bad ist beliebt wie eh und je: Seine Geschichte geht auf das Jahr 1826 zurück. Der bayerische König ordnete damals an, dass die Soldaten Schwimmen lernen sollten. Das Militär baute daraufhin ein Schwimmbec­ken, das im Jahr 1827 eröffnet wurde. Sein Name lautete damals „Militärsch­wimmschule des königlich bayerische­n Infanterie­regiments Prinz Carl“. Später wurde es um eine Männer- und Knabenschw­immschule erweitert. Ab dem Jahr 1912 badete auf dem Augsburger Areal schließlic­h die ganze Fa- milie. Das heutige Familienba­d wurde 1959 erbaut. Einmal stand die Wiederöffn­ung auf der Kippe: So gab es 2001 Pläne, das damals sanierungs­bedürftige Schwimmbad mithilfe eines privaten Investors in ein Spaßbad umzugestal­ten. Das Vorhaben scheiterte aber am Geld. Dennoch war eine Sanierung in dem in die Jahre gekommenen Bad unausweich­lich. Doch Geld war damals auch bei der Stadt keines da. So forderte der Finanzauss­chuss im Jahr 2004, dass im Sportberei­ch 600 000 Euro gespart werden müssten. Der Sportbeira­t regte daraufhin die Schließung der Plärrer-Bäder an. Dies führte, es ist nicht verwunderl­ich, zu Protesten in der Bevölkerun­g. Allein im Super-Sommer 2003 hatte das Familienba­d 110 000 Besucher gezählt. Als Reaktion auf die Proteste veranlasst­e der Finanzauss­chuss eine Prüfung, ob die Stadtwerke die Bäder übernehmen könnten.

Eine Bürgerinit­iative um Stadtrat Rainer Schönberg (Freie Wähler) sammelte in dieser Zeit rund 14000 Unterschri­ften und drohte mit einem Bürgerents­cheid. 2005 handelten Stadt und die Bürgerinit­iative einen Kompromiss aus: Vor über zehn Jahren schüttete die Stadt das unbeheizte Freibecken zu – dort wo heute Beachvolle­yball gespielt wird. Das Frauenbad wurde als kleines Kaltwasser­becken für alle umfunktion­iert.

Seither ist viel passiert: Seit 2009 steht das Becken des Sportbades leer. Das Plärrer-Hallenbad wurde für 5,4 Millionen Euro saniert. Das Familienba­d wurde von 2006 bis 2010 für über vier Millionen Euro modernisie­rt: Dabei wurde Geld in die Sanierung beziehungs­weise den Neubau der Schwimmbec­ken, Mietkabine­n und weiterer Gebäude gesteckt. „Aus dem Bad ist ein Schmuckstü­ck geworden“, freut sich nicht nur Irene Löffler.

 ?? Fotos: Sport und Bäderamt (5), Miriam Zißler (3) ?? Ein Freibad für die ganze Familie – das gibt es an der Schwimmsch­ulstraße seit dem Jahr 1912. Das Freibad gibt es an Ort und Stelle allerdings schon viel länger. Im Jahr 1827 wurde dort ein Becken eröffnet. Soldaten haben dort damals das Schwimmen...
Fotos: Sport und Bäderamt (5), Miriam Zißler (3) Ein Freibad für die ganze Familie – das gibt es an der Schwimmsch­ulstraße seit dem Jahr 1912. Das Freibad gibt es an Ort und Stelle allerdings schon viel länger. Im Jahr 1827 wurde dort ein Becken eröffnet. Soldaten haben dort damals das Schwimmen...
 ??  ?? Der Einlass des Familienba­des in der Schwimmsch­ulstraße im Jahr 1930.
Der Einlass des Familienba­des in der Schwimmsch­ulstraße im Jahr 1930.
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Franziska Nimmerfroh
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Roman Kotlarzews­ki
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Irene Löffler

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