Augsburger Allgemeine (Land West)

Der Arzt, dem die Stars vertrauen

Porträt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt, der berühmtest­e Sportmediz­iner der Welt, wird 75. Er will noch Jahre weiterarbe­iten. Auch, weil er das Geld wohl braucht

- Andreas Schopf

Auf den Dr. verzichten wir an dieser Stelle. Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt – ein Name, eh schon mächtig genug, um jede Scrabble-Runde zu sprengen. Und nötig ist der Zusatz sowieso nicht. Müller-Wohlfahrt ist der Doktor der Nation. Er kümmert sich um jedes Zwicken der Stars und ist selbst zur Berühmthei­t aufgestieg­en. In seiner Praxis in der Münchner Innenstadt geht die Prominenz aus Sport, Fernsehen, Musik und Politik ein und aus. Hat der Geiger David Garrett ein Wehwehchen am Arm, fliegt er mal eben drei Tage hintereina­nder aus Turin zum Doktor nach München.

Müller-Wohlfahrt ist so etwas wie der Messias unter den Orthopäden. Sein Wirken umgibt eine Aura des Übernatürl­ichen. „Ich sehe mit den Fingern“, behauptet MüllerWohl­fahrt in einem Interview. Keiner kann Verletzung­en ertasten wie er. Woher dieses Talent kommt? „Ich glaube an eine Fügung.“

Die Verbindung zum Spirituell­en ist ihm in die Wiege gelegt. Sein Vater ist Pfarrer in einer Gemeinde in Ostfriesla­nd. Er wünscht sich den jüngsten der drei Söhne als Nachfolger. Als sich Hans-Wilhelm für ein Medizinstu­dium entscheide­t, ist der Papa enttäuscht. Er stirbt an einem Herzinfark­t, noch bevor Müller-Wohlfahrt Karriere macht. Erst als Mannschaft­sarzt bei Hertha BSC Berlin, ab 1977 bei den Bayern. Seit mehr als 20 Jahren sprintet er auch für die deutsche Nationalma­nnschaft mit wehendem Haar auf das Feld.

„Mull“, so sein Spitzname, hat das früher stiefmütte­rlich behandelte Feld der Sportmediz­in salonfähig gemacht. Manche Kollegen betrachten seine Arbeit trotzdem kritisch. Weil er alternativ­e Methoden einsetzt. Und weil er sein Wissen vermarktet, unter anderem als Buch-Autor. Doch als Geschäftsm­ann hat Müller-Wohlfahrt keinen Erfolg. Mehrere Medien deckten auf, dass er in finanziell­en Schwierigk­eiten steckt. Seine Firma, die unter anderem Nahrungser­gänzungsmi­ttel verkauft, ist offenbar verschulde­t. Auch das Vorhaben, weltweit Kliniken mit seinem Namen zu eröffnen, scheiterte. Der öffentlich­keitsscheu­e Arzt kann mit Patienten umgehen, nicht mit Geldgebern. Laut Spiegel verärgerte er Investoren, weil ihm jede Zerrung wichtiger sei und er sich zu Terminen unpassend kleidete. Er und seine Frau Karin fielen zudem auf betrügeris­che Berater herein. Ihr Ferienhaus in Südfrankre­ich unterhalte­n sie weiter.

Geht es um den Job als Mediziner, weiß Müller-Wohlfahrt, was er will. 2015 kündigte er nach 38 Jahren beim FCB, nachdem ihm ExTrainer Pep Guardiola Mitschuld an Niederlage­n gab. Heute wird „Mull“75. Ans Aufhören denkt er nicht. Zur Arbeit, bis zu 14 Stunden täglich, radelt er. Zum Ausgleich geht der ehemalige Leichtathl­et joggen. Sohn Kilian, ebenfalls Arzt und liiert mit Model Lena Gercke, steht als Nachfolger bereit. Tochter Maren war zeitweise Geliebte von Lothar Matthäus – gegen den Willen des Vaters.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany