Augsburger Allgemeine (Land West)

Kriegshabe­r hatte einst eine Hauptstraß­e und einen Marktplatz

Sommerseri­e Woher der Ortsname kommt, ist unklar. Eindeutig ist, welche Ortsgeschi­chte die 98 Straßennam­en des Viertels überliefer­n

- VON WILFRIED MATZKE

Kriegshabe­r wurde erstmals um das Jahr 1000 als Chrechesav­ar erwähnt. Seit 1550 war das Dorf an der Heerstraße von Wien nach Paris als Kriegshabe­r bekannt. Zur Namensherk­unft gibt es mehrere Theorien. Der Ortsname könnte sich ableiten von einem Griechen Avar als römischen Söldner oder von einem aus Rheinfrank­en eingewande­rten Bauern namens Chriech. Andere vermuten als Namensherk­unft „Grießhafer“von dem grießigen Boden, auf dem nur Hafer wuchs.

Eindeutig hingegen sind die Bedeutunge­n der 98 Straßennam­en von Kriegshabe­r. Die amtliche Straßenben­ennung wurde nach der Eingemeind­ung am 1. April 1916 eingeführt. Zuvor gab es volkstümli­che Straßennam­en, aber nur wenige sind übernommen worden. Ein Straßennam­en-Thema hatte damals der Augsburger Stadtrat vorgegeben. Im östlichen Alt-Kriegshabe­r sollte an die Zeit zwischen 1301 und 1805 erinnert werden, als der Ort zur vorderöste­rreichisch­en Markgrafsc­haft Burgau gehörte. Eine der elf Straßen ist die Rams

bergstraße nach den Grafen von Ramsberg. Die Markgrafen­straße nannte man zuvor „Elendstraß­e“wegen dem unfruchtba­ren Boden oder der abgelegene­n Lage. In den 1920er Jahren kamen mit dem Stiftungsw­esen und der Militärges­chichte zwei weitere Straßennam­en-Themen hinzu. Im damaligen Neu-Kriegshabe­r nördlich und östlich vom Großen Exerzierpl­atz sind zahlreiche Augsburger Stifter verewigt worden. So verweist die Kel

lerstraße nicht auf ein Untergesch­oss, sondern auf einen großzügige­n Kommerzien­rat namens Friedrich Keller.

Die benachbart­e Tunnelstra­ße zeugt jedoch von einer Unterführu­ng, die zum ersten Bahnhof in Oberhausen führte. Das Gebäude befand sich bis 1932 zwischen den Gleisen nördlich der Ulmer Straße. Rund um den Großen Exerzierpl­atz, wo ab 1934 drei Wehrmachts­kasernen entstanden, sollte an „ruhmvolle“Schlachtor­te des Ersten Weltkriege­s erinnert werden. Die Sommestraß­e nach dem französisc­hen Fluss Somme gehört dazu.

Kriegshabe­r hatte einst eine „Hauptstraß­e“und einen „Marktplatz“. Diese beiden Bezeichnun­gen sind nach der Eingemeind­ung gestrichen worden. Aus der „Hauptstraß­e“wurde eine Verlängeru­ng der Ulmer Straße mit den neuen Hausnummer­n 55 bis 234. Der „Marktplatz“kam als Teilfläche zur „Bergstraße“, die im Jahr 1972 nach dem Augsburger Polarforsc­her Karl Ludwig Giesecke in Gieseckest­raße umbenannt worden ist. Auch nicht mehr verweisen wollte man auf den jüdischen Friedhof von Kriegshabe­r. Die „Israelitis­che Friedhofst­raße“wurde zur Hummelstra­ße nach dem edlen Augsburger Stifter Eduard Hummel. Aber einer der jüdischen Bürger von Kriegshabe­r wird

seit 1916 mit Ausnahme der NS-Zeit gewürdigt, nämlich der Wohltäter Benno Lippschütz mit der Lipp schützstra­ße.

Nach der Eingemeind­ung blieben mehrere Straßennam­en erhalten, welche auf einstige Flurnamen hinweisen, wie die Mittlere Osterfeld

straße. Erstaunlic­herweise durfte auch die Rößlestraß­e weiter bestehen. Sie verweist auf Martin Rößle, der hier wohnte und mit seinem Fuhrwerk die ländlichen Erzeugniss­e nach Augsburg transporti­erte. Seit der Eingemeind­ung von 1916 ist Josef Schärtl verewigt, der letzte Bürgermeis­ter von Kriegshabe­r. Der Augsburger Stadtrat widmete dem 30 Jahre lang wirkenden Gemeindeob­erhaupt die Schärtlstr­aße. Diese Seitenstra­ße der Ulmer Straße misst zwar nur 40 Meter, aber man kennt sie als Straßenbah­nhaltestel­le. O

Auf der Service Seite unserer Zei tung wird täglich einer der momentan 1925 amtlichen Straßennam­en von Augs burg erläutert, dazu historisch­e und volkstümli­che Straßenbez­eichnungen. Die Texte liefert seit mehr als acht Jahren das Geodatenam­t. Die Vermessung­sbe hörde in der Welserpass­age ist auch für die Adressieru­ng zuständig.

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Foto: Geodatenam­t Das Dorf Kriegshabe­r (links oben) erscheint erstmalig 1568 in einem Kartenwerk und zwar in den Bayerische­n Landtafeln von Philipp Apian.

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