Augsburger Allgemeine (Land West)
Bekommen Buben wirklich mehr Geld?
Erziehung Experten reagieren erstaunt auf Ergebnisse einer Umfrage. Die dort genannten Summen übersteigen zudem die Empfehlungen der Jugendämter für die Höhe des Taschengeldes
Landkreis Augsburg
Drei Euro – so viel muss man heute ungefähr für einen Kaffee im Bistro zahlen. Es ist also scheinbar kein allzu großer Betrag. Für ein fünfjähriges Mädchen jedoch, welches im Monat nur 17 statt wie ihr gleichaltriger Bruder 20 Euro bekommt, ist es ein bedeutender Unterschied. Einer Umfrage zufolge, die von sechs Verlagen in Auftrag gegeben wurde, unter anderem vom Spiegel und der Zeit, bestehe genau diese Ungerechtigkeit. Bei der Befragung von 2000 Kindern, Jugendlichen und Erziehungsberechtigten kam heraus, dass Buben vom Vorschulalter bis in die Pubertät hinein durchschnittlich drei Euro mehr Taschengeld erhalten würden. Gründe dafür wurden jedoch nicht erfragt. Das Jugendamt Nürnberg empfiehlt übrigens in seiner Taschengeldtabelle, Kindern im Vorschulalter vier Euro im Monat zu geben, also ein kaum größerer Betrag als der oben genannte Unterschied (siehe Infokasten). Auch Karin Hoyer von der Familienstation Gersthofen kann sich dieses Ergebnis nicht erklären: „Dieses Gefühl habe ich eigentlich nicht, das wundert mich doch sehr.“Als möglichen Grund falle ihr nur ein, dass manche Eltern eventuell von mehr Eigenständigkeit bei Mädchen ausgehen, so könnten diese zum Beispiel ihr Pausenbrot vermehrt selber machen, während Buben sich ihre Wurstsemmel eher kaufen würden. Andrea Baumann, die Leiterin der Familienstation Neusäß, ist ebenfalls überrascht: „Die Kinder bekommen mittlerweile recht viel Taschengeld“, so die Sozialpädagogin, „von dieser Ungleichbehandlung habe ich allerdings noch nichts gehört.“Neben den digitalen Gegenständen sind übrigens immer noch Süßigkeiten, Kekse und Eis die bevorzugte Geldanlage. Aber auch Zeitschriften und Comics sind weiterhin gefragt.
Doch gibt es noch weitere Unterschiede bei der Erziehung von Mädchen und Buben? Andrea Baumann hat auch bei dieser Frage eine klare Meinung: „Hier kann nicht pauschalisiert werden.“Natürlich gebe es Phasen, in denen sich Kinder einem Elternteil näher fühlen als dem anderen, das habe aber nichts mit dem Geschlecht zu tun. Außerdem seien in der heutigen Zeit viele unterschiedliche Familienkonstellationen möglich, sodass es nicht nur noch die klassische Familie gibt.
Unabhängig vom Geschlecht sieht die Sozialpädagogin ein größeres Problem im Fehlen von Identifikationsfiguren. Es komme vor, dass Minderjährigen eine zweite Orientierungsperson beim Aufwachsen größtenteils fehle. Diese Schwierigkeit bestehe vor allem bei Alleinerziehenden oder bei beruflich stark eingebundenen Elternteilen. Das treffe häufiger bei Männern zu.
„Verändert hat sich auch die Rolle der Großeltern“, so Baumann. Viele Omas und Opas seien noch berufstätig, wenn ihre Enkel kleiner sind, oder sie wohnen in einer anderen Umgebung. Trotzdem seien sie auch weiterhin eine konstante Stütze bei der Erziehung der Kleinen. Sie spielen, egal ob für Mädchen oder Buben, eine gleich große Rolle.