Augsburger Allgemeine (Land West)
Ein Spruch für die Mottenkiste
Sie haben ihn sicher auch schon mal gebraucht oder gehört: Den abgedroschenen Spruch, wonach Lehrjahre keine Herrenjahre seien. Ist leicht zu merken, passt auf viele Lebenslagen – ein Klassiker unter den Lebensweisheiten eben, auf einer Ebene mit „Kindermund tut Wahrheit kund“oder „Das Gegenteil von gut ist gut gemeint“. Doch das ist jetzt vorbei. Wenn es nach dem Gesetz von Angebot und Nachfrage geht, blüht der schon im 19. Jahrhundert in diversen Konversationslexika (das, was heute Wikipedia ist) erwähnten Weisheit umstandslos der Weg in die Mottenkiste. Denn im Gegensatz zur Zeit vor 200 Jahren ist inzwischen der Nachwuchs knapp, und potenzielle Lehrherren müssen sich ganz schön strecken, damit sie im Rennen um den Azubi nicht auf der Strecke bleiben.
Dementsprechend hat sich die Ansprache verändert. Kostprobe aus einer der vielen Ausbildungsplatzbörsen im Netz, die um Schulabgänger wirbt, denen leider noch nicht eingefallen ist, was sie werden sollen: „Kein Grund für Zoff mit Mama und Papa“, flötet es von Website. Ganz bequem vom Sofa aus könne man hier und jetzt nach der passenden Stelle suchen, und dann habe der junge Mensch auch gleich wieder Zeit für seine Hobbys.
Wie ging gleich noch mal der Spruch mit dem bösen Erwachen?