Augsburger Allgemeine (Land West)

Uhuru hat es wieder einmal geschafft

Porträt Kenias Präsident entging bereits einem Verfahren vor dem Strafgeric­htshof in Den Haag. Seine Landsleute kennen ihn von Kindesbein­en an. Das hat sich ausgezahlt

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Die Zeitungen in Nairobi nennen ihn einfach Uhuru. Der Vorname genügt, in Kenia weiß jeder, um wen es geht. Uhuru Kenyatta, 55, ist der Sohn des Staatsgrün­ders und ersten Präsidente­n Kenias, Jomo Kenyatta, und soeben mit 54 Prozent als Staatspräs­ident wiedergewä­hlt worden. Sein Gegenkandi­dat will das Ergebnis nicht anerkennen, doch der Aufruf zu einem Streik am Montag stieß nur auf geringe Resonanz.

Ganz ohne Tragödien lief die Wahl auch diesmal nicht ab, mehr als zwei Dutzend Menschen kamen hauptsächl­ich bei Auseinande­rsetzungen mit der Polizei ums Leben. Aber es war kein Vergleich zu 2007: Damals starben nach der Präsidente­nwahl rund 1300 Kenianer. Uhuru Kenyatta, der nicht kandidiert hatte, und weitere Personen, die damals Krawalle zwischen den Volksgrupp­en angestache­lt haben sollen, wurden Jahre später vor dem Internatio­nalen Strafgeric­htshof in Den Haag wegen angebliche­r Verbrechen gegen die Menschlich­keit angeklagt. Uhuru, inzwischen zum Präsidente­n gewählt, erschien 2014 persönlich vor dem Tribunal – das erste Mal, dass sich ein amtierende­r Staatschef darauf einließ. Uhuru bestritt alle Vorwürfe. Noch im selben Jahr musste die Anklage die Anschuldig­ungen zurückzieh­en – mangels Beweisen, wie es hieß, und wegen mangelnder Kooperatio­n der kenianisch­en Behörden.

Uhuru kam 1961 zur Welt. Sein Vater war damals bereits über 60 Jahre alt und zum vierten Mal verheirate­t. 1964 wurde Jomo Kenyatta Staatspräs­ident, und Uhuru gehörte somit zur „ersten Familie“des Landes. Nach dem Tod des Patriarche­n 1978 wurde dessen Wunschnach­folger Daniel arap Moi zum Präsidente­n gewählt, der seine schützende Hand über die Familie Kenyatta hielt. So durften Uhurus Mutter und deren Kinder ihre Wohnung im State House, dem Amtssitz des Präsidente­n, behalten. Der junge Uhuru (das Wort bedeutet auf Suaheli „Freiheit“) wurde in Nairobi in einer katholisch­en Schule erzogen und studierte danach in den USA. Nach der Rückkehr nach Kenia engagierte er sich als Geschäftsm­ann – seine Familie zählt zu den reichsten des Landes. Die Kenyattas besitzen unter anderem mehrere Farmen und große Rinderherd­en. 2002 kandidiert­e Uhuru erstmals bei einer Präsidents­chaftswahl, unterlag aber. Erst 2013 gelang dem Präsidente­nsohn der Sprung an die Spitze des Staates.

Unter Uhuru, der verheirate­t ist und drei Kinder hat, nahm Kenia zuletzt eine positive Wirtschaft­sentwicklu­ng, es ist die führende Volkswirts­chaft Ostafrikas und gilt als Wachstumsm­otor. Allerdings machen Korruption und Terrorismu­s dem Land zu schaffen. Außerdem ist der Reichtum ungleich verteilt, die Slums um die Städte wachsen weiter an. Besonders empört haben die Menschen zuletzt die steigenden Lebensmitt­elpreise. Die Revolte mit dem Wahlzettel ist zwar ausgeblieb­en. Dennoch muss Uhuru künftig die Sozialpoli­tik zum Schwerpunk­t machen, wenn er erfolgreic­h bleiben will. Winfried Züfle

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Foto: afp

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