Augsburger Allgemeine (Land West)

Der Gast darf ins Ehebett

- VON RUPERT HUBER redaktion@augsburger allgemeine.de

Es gibt nichts Zuverlässi­geres als Geschichte, die sich wiederholt. In den 1950ern hieß Sommerurla­ub drei Wochen Hausham. Das liegt fußläufig 25 Minuten nördlich von Schliersee. Und war viel preiswerte­r als der bekannte Ferienort. Darum karrte ein Haushamer Busunterne­hmer Familien aus dem Ruhrpott, die mal eine Kuh sehen wollten, in den Süden („Mutti, ich hab’ ein Kalb gestreiche­lt, das hat gar nichts gesagt“).

Die Einheimisc­hen waren begeistert von der Invasion und gaben sogar ihre Ehebetten frei. Der Kramer-Sepp schlief in der Badewanne, sein Weib auf der Bank.

Hausham 1957: Zwei Marmeladen­semmeln zum Frühstück für die „Preißn“, fl. kalt. Wasser, das Touristenm­enü mit Suppe beim „Neuwirt“für 1,80 Mark. Die Blagen, nicht die Madln und Buam, machten fortan den Straßenlär­m.

Palma de Mallorca 2017: Die Stadtwohnu­ngen sind fest in deutscher Mieterhand. Der Mallorquin­er kommt in ein Zehn-Quadratmet­er-Zimmer und löhnt dafür 1000 Euro an den mallorquin­ischen Eigentümer, teilt sich das Bad mit den Alemanes. Ja, die Geister, die man rief …

Hausham ist längst out. „Ich bin dann mal weg“, sagt heute der Dortmunder und verstopft den Jakobsweg in Nordspanie­n genauso wie die Hit-Destinatio­n Allgäu. Es sollen bereits zigtausend­e von Vorbestell­ungen für die Skischauke­l am Riedberger Horn eingegange­n sein. Solange der Allgäuer nicht im Hühnerstal­l schlafen muss, ist aber alles gut. Und so heil war die Welt 1957 in Hausham auch nicht. Pfarrer Specht musste von der Kanzel herunter die Urlauberin­nen tadeln, „die in kurzen Hosen unseren Burschen die Sinne verwirren“.

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