Augsburger Allgemeine (Land West)

Ende des Schweigens

Tipp des Tages Die Doku „Aidas Geheimniss­e“führt eine Familie nach Jahrzehnte­n zusammen

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ARD, 22.45 Uhr

Dass er ein Adoptivkin­d ist, erfuhr Izak, damals zehn, Mitte der 50er durch einen Mitschüler: Der Israeli wollte seine in Kanada lebende leibliche Mutter Aida, eine gebürtige Polin, kennenlern­en. Das klappte auch. Izak blieb zwar bei seiner Adoptivfam­ilie, aber die beiden sahen sich von nun an regelmäßig.

Bloß über die Vergangenh­eit wollte Aida nicht sprechen. So kam es, dass Izak sechs Jahrzehnte später durch Zufall auf ein Geheimnis stößt, dass sein Leben verändert: Seine Mutter hat ihm all die Jahre verschwieg­en, dass er einen zehn Monate jüngeren Bruder hat. Er heißt Shep und lebt in Kanada.

Der israelisch­e Filmemache­r Alon Schwarz ist Izaks Neffe; er hat seinem Onkel bei der Recherche geholfen und ihn bei der Reise zu Shep begleitet. Das Wiedersehe­n der Brüder, die kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs als Kleinkinde­r getrennt wurden, ist von großer Herzlichke­it. Es stellt sich umgehend eine tiefe Verbundenh­eit ein.

Aber Shep ist auch erschütter­t: Er hatte keine Ahnung, dass seine Mutter bloß drei Flugstunde­n von ihm entfernt lebt. Gemeinsam suchen sie Aida in einem Altenheim auf, doch die hochbetagt­e Frau bleibt ihnen viele Antworten schuldig. Sie könne sich nicht mehr erinnern, was passiert sei… Also macht sich Schwarz auf die Suche nach Zeitzeugen.

In vielen Familien sind die Ereignisse, die sich während des Zweiten Weltkriegs zugetragen haben, ein Tabu gewesen. Das verbindet Täter und Opfer auch Jahrzehnte nach dem Holocaust miteinande­r. Oftmals bringen erst die Urenkel – oder wie im Dokumentar­film „Aidas Geheimniss­e“die Großneffen – Licht ins Dunkel. Tilmann P. Gangloff

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Foto: Alon Schwarz, SWR, dpa Mutter Aida, inzwischen hochbetagt, mit ihren beiden Söhnen Shep und Izak. Ihre (Lebens )Geschichte ist bewegend – und steckt vol ler Fragen.

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