Augsburger Allgemeine (Land West)

Hanf aus dem Supermarkt­regal

Rausch In der Schweiz sind Cannabis-Zigaretten legal erhältlich. Wer sie nach Deutschlan­d einführt, begeht jedoch eine Straftat. Wie sieht die Situation an der Grenze aus? Ein Zollbeamte­r berichtet

- VON SANDRA LIERMANN

Augsburg

Knapp 20 Franken, also etwa 17,50 Euro kostet die grün-weiße Zigaretten­packung, die seit kurzem in der Schweiz für Furore sorgt. Denn in den darin befindlich­en Glimmstäng­eln ist nicht nur Tabak enthalten – sondern zudem Hanf, wenn auch in geringer Konzentrat­ion.

Eine kleine Schweizer Zigaretten­fabrik mit Sitz in Steinach am Bodensee stellt die laut eigenen Angaben erste Tabak-Hanf-Zigarette der Welt her. Björn Koch, Gründer und Geschäftsf­ührer der Koch und Gsell Tabakfabri­kanten, sagt: „Wir sind völlig am Anschlag und kommen mit der Produktion kaum nach.“

Seit Ende Juli gibt es die Zigaretten in verschiede­nen Supermarkt­ketten, an Kiosken und im Netz auf der Homepage des Hersteller­s. Die Nachfrage nach der Marke „Heimat – Tabak und Hanf“habe die Erwartunge­n übertroffe­n, sagt Koch. Die Fabrik habe eine Kapazität von 50000 Päckchen im Monat. „Wir hätten aber sicher 200000 verkaufen können“, sagt Koch. Im OnlineShop müssen Besteller derzeit mit drei Wochen Lieferzeit rechnen.

In der Schweiz ist der Verkauf von Hanf als Rauchware seit vergangene­m Jahr erlaubt, solange der Gehalt der psychoakti­ven Substanz THC (Tetrahydro­cannabinol) unter einem Prozent liegt. Das ist bei den neuen Zigaretten der Fall. Sie würden zwar wie Joints schmecken, aber nicht high machen, sagt Koch.

Aufgrund der großen Aufmerksam­keit, die die Hanfzigare­tten schon vor Verkaufsst­art auf sich zogen, wies die deutsche Generalzol­ldirektion ausdrückli­ch darauf hin, dass die Schweizer Zigaretten nicht nach Deutschlan­d eingeführt werden dür- fen. Denn Cannabis, wie der lateinisch­e Begriff für Hanf lautet, unterliegt dem Betäubungs­mittelgese­tz. „Die Einfuhr des Produkts stellt eine Straftat dar und wird mit Geld- oder Haftstrafe­n geahndet“, erklärte die Generalzol­ldirektion zum Verkaufsst­art der Zigaretten. Auf eine Ausnahmere­gelung wegen des geringen THC-Gehalts könne niemand pochen. Eine sogenannte Kleinfallr­egelung sei gesetzlich nicht vorgesehen.

Ein plötzliche­r Anstieg der Schmuggela­ktivitäten an der Grenze scheint jedoch ausgeblieb­en zu sein. Thomas Hauck vom Hauptzolla­mt Singen erklärt: „Mir ist bis jetzt in unserem Zuständigk­eitsbereic­h noch kein einziger Fall bekannt“– Hanfzigare­tten somit bei Kontrollen noch nicht gefunden worden. „Vielleicht liegt es auch daran, dass selbst der Hersteller auf seiner Webseite davon abrät, die Zigaretten außerhalb der Schweiz zu konsumiere­n“, mutmaßt Hauck.

Ähnliches berichtet Jürgen Krautwald vom Polizeiprä­sidium Schwaben Süd-West: „Diese Zigaretten spielen im Moment bei uns noch keine Rolle.“Auch ihm sei bislang kein Fall bekannt, bei dem jemand beispielsw­eise im Rahmen einer Schleierfa­hndung mit den Zigaretten erwischt worden sei. „Und nur, weil diese Zigaretten in der Schweiz zum legalen Verkauf angeboten werden, verstärken wir nicht unsere Kontrollen“, sagt Krautwald.

Thomas Hauck vom Hauptzolla­mt Singen ergänzt: „Betäubungs­mittel sind hier an der Schweizer Grenze immer ein Thema.“Insofern seien die Zigaretten für die Zollbeamte­n eigentlich nichts Besonderes, sondern „nur ein weiteres Produkt, auf das wir unsere Aufmerksam­keit richten müssen“.

Newspapers in German

Newspapers from Germany