Augsburger Allgemeine (Land West)
Himmlischer Wohlklang
Klassik Sommerzeit ist Festivalzeit – das gilt auch für die klassische Musik. Vier Veranstaltungen mit hochkarätigen Musikern starten bald in der Region. Ein Ausblick auf die anstehenden Highlights
Was ist das Wichtigste bei einem Konzertbesuch? Selbstverständlich das, was man zu hören bekommt. Das ist wie beim Essengehen: Da kann die Stube noch so lauschig und die Tischdekoration noch so zauberhaft sein – wenn das, was aufgetischt wird, nichts taugt, dann war das ganze Essengehen nichts. Aber: Ein bisschen empfänglich sind wir dann doch für schön gestärkte Servietten, blank geputzte Weingläser und Blumenschmuck auf den Tischen.
Nicht anders verhält es sich mit der Musik. Das Drumherum trägt eben auch dazu bei, ob uns der Gang ins Konzert gefallen hat. Besonders gilt das für Festivals. Hier erwarten wir uns ein bisschen mehr als nur ein Dach überm Kopf, um ungestört der Musik zu lauschen. Bedeutende Festivals in diesem Lande wissen, wie mit diesem Pfund zu wuchern ist. Das Schleswig-Holstein-Musikfestival etwa bezieht seinen Charme wesentlich daraus, dass hier Konzerte auch auf dem platten Land stattfinden und Weltklassekünstler gar in Scheunen musizieren.
Was das Markenzeichen solch weithin renommierter Festivals ist, das funktioniert auch in kleinerem Maßstab. Das zeigen Klassikfestivals in der Region, die allesamt in den nächsten Tagen beginnen. Alle bieten musikalisch Hochkarätiges, spielen aber auch gekonnt mit den Reizen der Orte, an denen sie stattfinden.
MOZART@AUGSBURG
● Als der Hamburger Pianist Sebastian Knauer im Jahr 2012 Mozart@Augsburg aus der Taufe hob, da hatte er den Ort dieses Festivals mit Bedacht gewählt: Augsburg – das ist in Deutschland die Stadt, die eng mit Mozart verbunden ist, durch den Vater Leopold, aber auch durch Besuche des Sohnes Wolfgang. Ein Raum wie der Kleine Goldene Saal, aber auch die Kirchen der Stadt verströmen vielfach noch die Aura der Lebenswelt Mozarts, und eben hier finden zahlreiche Veranstaltungen des Festivals statt. Naturgemäß kreist die Programmatik um den Festival-Namensgeber, und die Interpreten sind vielfach Weltklasse. In diesem Jahr etwa sind die Geiger Renaud Capuçon und Daniel Hope zu Gast; zu ihnen gesellen sich das Quatuor Ébène, der Cellist Jan Vogler sowie die Pianisten Martin Stadtfeld und Sebastian Knauer.
FRIEDBERGER MUSIKSOMMER
● Der Friedberger Musiksommer bespielt zwar lediglich zwei Konzertstätten, und zugegeben, die Rothenberghalle kann nicht mit historischer Bausubstanz punkten. Doch das Friedberger Festival lebt vom Charme seiner Kleinräumigkeit, vom Reiz einer schmucken alten Stadt, die stolz das Lechfeld überblickt – und natürlich von Interpreten wie Festivalleiter Karl-Heinz Steffens und der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz.
Der Friedberger Musiksommer hat geschafft, was andere vergeblich herzustellen versuchen, nämlich eine Atmosphäre, die familiär und nah an den Künstlern ist. Hier gibt es große Sinfonik ebenso wie Jazz, und auch die weiteren Ensembles und Solisten haben internationalen Rang. In diesem Jahr sind unter anderem das Blechbläser-Ensemble Harmonic Brass und dessen Kollegen vom Cincinnati Symphony Orchestra zu erleben sowie Starsopranistin Angela Denoke.
DIADEMUS
● Das Festival im Kloster Roggenburg im Landkreis Neu-Ulm ist noch jung, es ging erst im vergangenen Jahr an den Start. Diademus bezieht seine atmosphärischen Reize aus lediglich einem Ort, der es freilich in sich hat – die schwäbisch-barocke Klosteranlage mit Kirche, Bibliothek und Innenhof, wo überall Konzerte stattfinden. Der Countertenor Benno Schachtner schart hier namhafte Kollegen um sich wie etwa den Tölzer Knabenchor und Sänger wie Robin Johannsen und Werner Güra. Zudem ist Schachtner auch selbst als Solist zu hören.
AMMERSEERENADE
● Zweifellos kommt die Ammerseerenade dem Typus der großen Landpartie-Festivals am nächsten. Finden hier doch Konzerte nicht nur in herrlichen historischen Räumen statt wie der Klosterkirche St. Ottilien, sondern auch in einem Bootshaus, einer Scheune und sogar einem Stall – und natürlich tragen der Ammersee und die ihn umgebende Landschaft viel zur besonderen Atmosphäre des Festivals bei. Musikalisch konzentriert sich die Ammerseerenade auf Kammermusik. Ein Stelldichein geben sich in diesem Jahr unter anderem der Geiger Kirill Troussov, Violin-Stipendiaten von Anne-Sophie Mutter sowie das furiose Janoska-Ensemble.