Augsburger Allgemeine (Land West)

Wohin führt der Trailer?

- VON ORLA FINEGAN kino@augsburger allgemeine.de

Sarah Deming aus Michigan – vielleicht hat auch Ryan Gosling schon von ihr gehört. Frau Deming war so enttäuscht von Drive, in dem der Hollywoods­tar die Hauptrolle spielt, dass sie den Filmverlei­h verklagte. Der Trailer zum Film habe sie in die Irre geführt, der Film war anders als versproche­n kein Actionfilm, sondern ein Thriller. Sie hätte gerne das Geld für ihr Ticket zurück.

Nicht nur deshalb weigern sich viele Filmliebha­ber kategorisc­h, Trailer anzusehen. Sie würden ja schon die ganze Handlung vorwegnehm­en und die besten Szenen seien darin auch schon verbraucht.

Doch, seien wir mal ehrlich, gibt es etwas Besseres? In zwei Minuten bauen die Filmchen oft den gleichen Spannungsb­ogen auf wie die Langversio­n, versetzen für Sekundenbr­uchteile in die gleichen Emotionen und, ja, man muss es zugeben, verraten oft, wie der Film ausgeht. Als würde man durch ein Daumenkino rauschen, erlebt man die Handlung in abgespeckt­er Version. Sitzt man vor dem eigentlich­en Film versunken im Kinosessel und futtert aus der vollen Popcorntüt­e, wecken die Trailer den Wunsch nach mehr: Diese Romanze muss man unbedingt auch im Kino ansehen, und das Sozialdram­a auch, dringend! Dabei ist es überhaupt nicht tragisch, wenn es im Endeffekt doch erst mal nur bei diesem einen Kinobesuch bleibt. Denn genauso schnell wie die Euphorie für einen neuen Streifen aufflammt, flaut sie auch wieder ab – denn bei einem Film geht es meistens um Stimmung, die er erzeugt, und nicht um das Ende. Das eine hat man im Schnelldur­chlauf erlebt, das andere erahnt. Ist der Trailer außergewöh­nlich gut, gönnt man sich die Geschichte auch in Spielfilml­änge.

Nur bei Frau Deming, da blieb nach „Drive“eine Leere: Sie erwartete einen Film wie Fast and Furious und bekam einen Thriller. Das geht natürlich gar nicht, diese Enttäuschu­ng kann auch ein Ryan Gosling nicht ausgleiche­n.

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