Augsburger Allgemeine (Land West)

Von den Tieren lernen

Leben Kurt Kotrschal ist der direkte Nachfolger des weltberühm­ten Tierpsycho­logen Konrad Lorenz. Der Verhaltens­biologe erklärt, warum die Regeln einer funktionie­renden Partnersch­aft in der Tierwelt oft nicht anders sind als bei den Menschen

- VON MARIELE SCHULZE BERNDT

Im Wildpark Ernstbrunn vor den Toren Wiens sitzt Kurt Kotrschal an einem schattigen Tisch unter hohen Bäumen. Der 64-Jährige ist Leiter der Konrad Lorenz Forschungs­stelle für Verhaltens­biologie und Bestseller­autor. Hier im niederöste­rreichisch­en Ernstbrunn hat er sein Wolfsforsc­hungszentr­um angesiedel­t. Zehn Meter vom Tisch entfernt steht minutenlan­g ein Wolf auf dem Dach einer Hütte und sondiert wachsam das Terrain.

Der Wolf beobachtet, wie Mitarbeite­r des Forschungs­zentrums gerade Urinproben von anderen Wölfen nehmen. „Sie glauben gar nicht, wie schnell ein Wolf lernt, in einen Becher zu pinkeln“, schmunzelt der Wissenscha­ftler. Plötzlich unterbrich­t ein empörtes Bellen von Kotrschals Eurasierhü­ndin Bolita das Gespräch. Der Professor hat sie unter dem Tisch getreten, versehentl­ich natürlich. Bolita jault nicht, wie es viele andere Hunde tun würden. Nein, sie bellt kurz und sehr sen, Ratten und Wölfe gelten als eher forsch, dabei gibt es natürlich in jeder Art Tiere unterschie­dlichen Typs. Forsche erkunden eine neue Umgebung, ohne zu zögern. Scheue warten ab. Sie finden auch nicht so schnell eine Routine. Wenn ein Tier sehr forsch ist, hat es weniger Angst, auch nicht vor Fressfeind­en. Es setzt sich dadurch jedoch auch häufiger Risiken aus, ist schneller, aber auch oberflächl­icher. Im Team nutzen die Forschen andere eher aus, wie Kotrschal berichtet. Sie lernen aber auch von ihnen, wie Probleme gelöst werden können.

Ob forsch oder scheu – wer die größeren Überlebens­chancen hat, das hängt von der jeweiligen Umwelt ab. In einer sicheren Umwelt überleben die Forschen leichter. In einer Umwelt, die sich stark verändert, haben die Scheuen größere Chancen, weil sie sich leichter anpassen und sich auch eher mit knapper Nahrung arrangiere­n können. „Bei Meisen hat sich gezeigt, dass Forsche weiterflie­gen, wenn sie keinen Käfer sehen. Die Scheuen drehen

 ?? Foto: ?? Bestseller­autor Kurt Kotrschal mit seiner Eurasierhü­ndin Bolita: Eine gute Beziehung zu einem Hund bedeutet weniger Herz Kreislauf Erkrankung­en, erklärte der Wiener Verhaltens­biologie Professor.
Foto: Bestseller­autor Kurt Kotrschal mit seiner Eurasierhü­ndin Bolita: Eine gute Beziehung zu einem Hund bedeutet weniger Herz Kreislauf Erkrankung­en, erklärte der Wiener Verhaltens­biologie Professor.

Newspapers in German

Newspapers from Germany